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Bob Dylan

Singer-Songwriter und Lyriker Bob Dylan bekam 2016 als erster Musiker überhaupt den Literaturnobelpreis: Seit den 1960er beeinflusst er die Musikwelt wie kaum ein anderer.

Bob Dylan (Pressefoto Facebook)
Bob Dylan (Pressefoto Facebook)

In den Sozialen Netzwerken ließ Bob Dylan verkünden, dass er nach acht Jahren Pause neue eigene Musik veröffentlichen werde: Die ersten Singles samt Coverartwork von „Rough And Rowdy Ways“ wirken nostalgisch bluesig, aber auch vom Rock’n’Roll geprägt und es sind die ersten neuen Songs Dylans seit einiger Zeit. Zuvor hatte er diverse Alben mit Interpretationen klassischer Lieder aus dem American Songbook herausgebraucht.

In seinem ersten Interview seit drei Jahren mit der New York Times äußert er sich im Übrigen auch zu der Corona-Pandemie und sagt:

„I think it’s a forerunner of something else to come. It’s an invasion for sure, and it’s widespread, but biblical? You mean like some kind of warning sign for people to repent of their wrongdoings? That would imply that the world is in line for some sort of divine punishment. Extreme arrogance can have some disastrous penalties. Maybe we are on the eve of destruction. There are numerous ways you can think about this virus. I think you just have to let it run its course.“

Am 24. Mai 1941 als Robert Allen Zimmerman in Duluth, Minnesota geboren, stammt Bob Dylan von deutschen, türkisch-kirgisischen und ukrainisch-jüdischenImmigranten ab, die 1905 aus Odessa in die Vereinigten Staaten eingewandert waren. Die Musik, die ihn in seiner Jugend prägte war die von Künstlern wie Hank Williams, Little Richard oder Buddy Holly und schon mit zehn Jahren war sein Berufswunsch Sänger und Gitarrist. Trotz nuschelnder und nölender Stimme sollte sein Traum in Erfüllung gehen.

Dabei unterläuft er Zeit seiner Karriere jegliche Erwartungshaltung, indem er genau das Gegenteil von dem tut, was man von ihm erwartet.

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Biografie Bob Dylan

1961: Seinen ersten Song schreibt er im Elternhaus und er handelt von Brigitte Bardot. In der Highschool machte er dann erste richtige musikalische Erfahrungen in der A-cappella-Gruppe The Jokers, doch erst sein Umzug 1961 nach New York sorgte für ernsthafte Ambitionen – wobei er seine zwei Bekannten, mit denen er in den Big Apple fährt, auf der 20-stündigen Reise mit dem Singen von Woody-Guthrie-Songs nervt. Doch in seinem neuen Stadtteil Greenwich Village leben viele andere Musiker, die ihn verstehen und die zunehmend politischere Texte sangen und deren Konzerte in den so genannten Coffeehouses proppenvoll waren. Dominierend war damals die Beatnik-Musik, aber Folk sollte schnell dazukommen.

Dylan lernt seine erste große Liebe, Suze Rotolo, kennen die ihn musikalisch inspirierte und ihn mit den Büchern der französischen Symbolisten Arthur Rimbaud, Paul Verlaine und Charles Baudelaire bekannt machte. Aus der Beziehung entstanden Love/Hate-Songs wie „Don’t Think Twice“, „It’s All Right“ oder „Boots of Spanish Leather“.

Im selben Jahr hatte er seinen ersten Auftritt als Support von John Lee Hooker und spielte Mundharmonika auf einem Album von Harry Belafonte. Er erhielt einen Plattenvertrag und verlor seine Freundin Rotolo, die befindet: „Der Erfolg [verwandelt] meinen Freund mehr und mehr in einen Egozentriker. […] Die Persönlichkeit verändert sich, sobald sie allen ein Begriff wird. Sie entwickeln eine unkontrollierbare Egomanie.“

1962: Das selbstbetitelte Debütalbum erscheint, auf dem er zum Slidegitarrenspiel kurioserweise den Lippenstift seiner Freundin Suze verwendet, doch trotz solcher Experimente bringen erst die Nachfolgewerke „The Freewheelin’ Bob Dylan“ und „The Times They Are a-Changin’“ den Durchbruch: Der folkige Sound und die sozialkritischen Texte wie in „Blowin‘ In The Wind“ oder „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ trafen den Nerv der Zeit. Zusammen mit Joan Baez füllte er große Hallen, die beiden waren nicht nur musikalisch ein Traumpaar, sondern auch privat.

Allein der Titel „The Times They Are a-Changin’“ ist untrennbar mit Dylan verbunden und die Songs auf dem Album behandeln Themen wie soziale Ungerechtigkeit, Rassismus sowie Militarismus: Dabei sind die Lieder nicht nur theoretische Abhandlungen mit diesen Problemen, sondern beziehen sich auf ganz konkrete Fälle. In „The Lonesome Death of Hattie Carroll“ geht es um eine schwarze Kellnerin, die von einem betrunkenen weißen Farmer zu Tode geprügelt wurde und der nur ein mildes Urteil erhielt. Angesichts der #BlackLivesMatter-Bewegung 2020 ist dieses dritte Album aus dem Jahr 1964 immer noch erschreckend aktuell. Dylan wurde mit dem Meilenstein-Werk zur Stimme einer ganzen Generation.

1965: Dylan ändert seinen folkigen Stil und seine Musik wird elektrisch und durch eine Begleitband verstärkt: Dies ärgert manch alten Fan so sehr, dass er bei einem Auftritt beim Newport Folk Festival gnadenlos ausgebuht wird als er eine neue Variante von „Maggie’s Farm“ spielt. Sein Idol Pete Seeger drohte gar damit, die Kabel der Band mit einer Axt durchzuhauen. Nach drei Songs ging Dylan entnervt von der Bühne, kehrte aber auf Bitten wieder zurück und spielte noch zwei Lieder traditionell mit Akustik-Gitarre und Mundharmonika. Die dramatischen Szenen sind in der 2005 erschienenen Dokumentation „No Direction Home – Bob Dylan“ von Martin Scorsese zu sehen, in der auch Jugendliebe Suze Rotolo spricht.

Trotz weiterer Proteste am neuen Sound, in der Dylan als „Verräter“ und „Judas“ beschimpft wurde, wurde er nun zum Rockstar. Dylan reagierte auf all das mit absurden und arroganten Antworten auf Journalistenfragen und er wurde zu einer Art Idol der Gegenkultur. Seine Aussagen sind kryptisch, als er 1965 in London nach seiner „wahren Botschaft“ gefragt wird, sagte er man müsse immer einen klaren Kopf behalten und stets eine Glühbirne dabei haben. Vor allem seine rätselhaften Lyrics werden nun gepriesen, denn komplex und kompliziert waren sie mit literarischen Verweisen und Metaphern gespickt, aber auch mit Anspielungen auf seine Drogenerfahrungen, denn in den frühen 1960er Jahren konsumierte Dylan Heroin.

Die wohl bedeutendsten Alben aus der Zeit sind „Highway 61 Revisited“ sowie „Blonde On Blonde“, ersteres veröffentlicht er mit gerade einmal 24 Jahren und benennt es nach dem „U.S. Highway 61“, der seine Geburtsstadt Duluth mit den wichtigen Bluesmetropolen des Südens, wie St. Louis, Memphis oder New Orleans verbindet. An dieser Strecke entlang hangelt sich nicht nur Dylans Sound, sondern auch die Geburtsorte vieler seiner Vorbilder wie Muddy Waters, Charley Patton oder auch Elvis (als dieser übrigens 1977 starb, sprach Dylan eine Woche lang kein einziges Wort). Zudem ist das Album ein musikhistorischer Break, denn erstmals hören wir hier nicht nur Dylan und seine Gitarre…

„Blonde On Blonde“ erschien dann 1966 und hier vollzieht sich dann der Übergang vom Folk hin zum Rock vollkommen: Das Doppelalbum mit dem rätselhaften – von Dylanologen – bis heute nicht entschlüsselten Namen (handelt es sich um die blonde Andy-Warhol-Muse Edie Sedgwick, mit der er angeblich eine Affäre hatte?) wird oft als „das Meisterwerk“ Dylans bezeichnet und bildet das Ende einer Trilogie nach „Bringing It All Back Home“ und „Highway 61 Revisited“. Die mysteriösen Lyrics darauf und die Motown-inspirierten Songs waren im Erscheinungsjahr schlicht eine musikalische Revolution.

Der Song „Like A Rolling Stone“ von „Highway 61 Revisited“ wird später von der Zeitschrift Rolling Stone zum „Greatest Song of All Time“ gekürt.

1966: Bei Woodstock erlitt Dylan einen Motorradunfall und zog sich daraufhin zwei Jahre aus der Öffentlichkeit zurück: Das Ereignis brachte ihn dazu seinen bisherigen Rockmusiker-Lebensstil völlig zu verändern. Er verbrachte seine Zeit mit Eherfrau Sara und den Kindern, macht jedoch weiterhin Musik, die nun eher dem Country-Stil verpflichtet ist. Auf einem Album arbeitet er auch mit Johnny Cash zusammen und die doch ziemlich braven Alben werden zu einem großen kommerziellen Erfolg. Erneut wittern die Fans Verrat und kritisieren Dylan für den erneuten Stilwechsel. Und mit dem Doppelalbum „Self Portrait“, das als sein schlechtestes Werk gilt, zerstört er bewusst die Erwartungshaltung seiner Fans. Ein großer Erfolg wird jedoch „Knockin‘ On Heaven’s Door“, das er für das Album „Pat Garrett & Billy the Kid“, den Soundtrack des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1973, schreibt.

1970er: Dylans Ehe wird geschieden und er konvertiert 1979 zum Christentum: Er verkündet nun ein wiedergeborener Christ zu sein und irritiert sein Publikum damit erneut zutiefst. Der Song „Gotta Serve Somebody“ bringt ihm seinen ersten Grammy ein, der Text ist angeblich von „göttlicher Erfahrung“ durchdrungen.

1975 erscheint mit „Blood On The Tracks“ sein 15. Album, das in New York aufgenommen und produziert wurde. Doch mit fünf Songs war Dylan derart unzufrieden, dass diese unter den wachsamen Augen von seinem Bruder David in Minneapolis mit lokalen Studiomusikern neu aufgenommen wurden. Kopien von Testpressungen der ursprünglichen Fassungen, die bereits in Umlauf waren, wurden wenig später als Bootlegs verkauft und beim Record Store Day 2019 unter dem Namen „Test Pressing“ neu auf Vinyl herausgebracht. Für Sammler ist Dylan also auch ein begehrtes Objekt. Dylan selbst bezeichnet das Album als Wendepunkt in seiner Arbeit: Durch einen Motorradunfall am 29. Juli 1966 habe er nach eigenen Angaben an einer Art „Amnesie“ gelitten und er konnte Songs nicht mehr einfach so in seinem Bewusstseinsstrom „finden“. Er musste nun also neu lernen, Songs zu komponieren. Fans und Kritiker halten „Blood On The Tracks“ deshalb für sein eigentlich bestes Album.

1978 erscheint mit „Street Legal“ ein Album, das am Beginn von Dylans stark christlich geprägter Phase steht und mit gemischten Gefühlen seitens der Fans und der Musikpresse aufgenommen wurde. Privat leidet Dylan immer noch unter der Scheidung von seiner Frau Sara und dem damit eingehenden Sorgerechtsstreit für die gemeinsamen Kinder. Musikalisch schlägt sich dies in Gospel- und Spiritual-Experimenten durch, drei Background-Sängerinnen verstärken diese Anklänge noch.

Anfang der 1980er Jahre sollte eine Krise folgen und er kann mit seinen alten Songs nichts mehr anfangen. In seiner Autobiografie schreibt er, sich mit ihnen zu befassen, sein wie „ein Paket mit verfaultem Fleisch herumzuschleppen“. Das Album „Down in the Groove“ (1988) wird dann vom Rolling Stone gar zum „schlechtesten Album eines bedeutenden Künstlers“ gewählt. Es folgen Alkoholprobleme und chaotische Auftritte. Beim legendären Live-Aid-Konzert 1985 sorgt er schließlich für Empörung als er sagt, er hoffe, ein Teil des eingespielten Geldes würde für die leidenden US-amerikanischen Farmer verwendet.

1986: Dylan heiratet erneut, seine neue Ehefrau ist eine seiner Backgroundsängerinnen Carolyn Dennis, mit der auch ein Kind bekommt. Musikalisch ritt er einer Band bei und neben Roy Orbison, Tom Petty und Jeff Lynne ist er wichtiger Teil der von George Harrison ins Leben gerufenen Supergroup Traveling Wilburys, die zwei Alben herausbringen soll. Offiziell ist Dylan derweilen seit 1988 auf einer intern bezeichneten „Never Ending Tour“ und spielt jedes Jahr rund hundert Konzerte, oft in ungewöhnlichen Orten und auf der er skurrile Einleitungskommentare zu den gespielten Songs gibt. Er wird in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen und von Bruce Springsteen, der am Anfang seiner Laufbahn als „neuer Dylan“ bezeichnet wurde, mit einer Laudatio bedacht.

1994: Dylan spielt beim Woodstock-II-Festival, wo er überraschenderweise vom jungen Publikum frenetisch gefeiert wird. 1997 sollte ein noch größerer Auftritt folgen, denn er trat vor ca. 300.000 Menschen beim Internationalen Eucharistischen Kongresses in Bologna auf – unter den Gästen waren Johannes Paul II. und Kardinal Ratzinger, der spätere Benedikt XVI.

1997 wird das 30. Album veröffentlicht: „Time Out of Mind“ zählt zu den umjubeltsten Werken des mittlerweile als Genie verehrten und verklärten Musikers. Dylan bekommt drei Grammys für diese ganz eigene Americana-Mischung aus Folk, Blues, Rock und Country. Die düsteren und melancholischen Songs wurden dabei so arrangiert, dass sie bewusst improvisiert klingen. Zum 20-jährigen Jubiläum erschein dann zur Feier bei Sony die „Time Out of Mind 20th Anniversary“- Fassung als Doppelvinyl plus 7“ Single.

Zu der Zeit wird auch Dylan, der Maler präsent und es erscheinen erste Schwarz-weiß-Zeichnungen unter dem Titel „Drawn Blank“. Seit 1996 wurde er dann immer auch als nächster Literaturnobelpreisträger ins Spiel gebracht, 2016 sollte er ihn tatsächlich „für seine poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition“ erhalten.

2004 erscheint der erste Teil seiner auf drei Teile angelegten Autobiografie „Chronicles: Volume One“ in Deutschland unter demselben Titel, gleichzeitig wurden seine Texte bis zum Album“Love and Theft“ unter dem Titel „Lyrics 1962–2001“ veröffentlicht. 2009 brachte er ein Weihnachtsalbum heraus, auf dem er mit typisch nuschelnder Stimme Klassiker wie „Little Drummer Boy“ oder „Winter Wonderland“ zum Besten gibt. Und auch in Folge gibt es fast nur Interpretationen anderer Songs zu hören, fast ausschließlich auf Stücke aus dem Great American Songbook beziehungsweise von Frank Sinatra.

2016 verkauft Dylan sein Privatarchiv für schätzungsweise 15-20 Millionen Dollar an die Tulsa University und die George Kaiser Family Foundation und er ist Besitzer eines großen Anwesens in Malibu im US-Bundesstaat Kalifornien. Überhaupt ist der einzige Protestsinger auch ein guter Geschäftsmann, auf seiner Homepage kann man Whiskey unter dem Markennamen „Heaven’s Door“ für stolze Preise kaufen. Angesichts dessen sollte vielleicht seine teilweise ans messianisch grenzende Verehrung von seitens der Musikpresse auch wegen seiner durchaus auch mittelmäßigen Alben und seiner oft großmäuligen Kommentare ein wenig heruntergeschraubt werden.

2020 veröffentlicht Dylan auf seinem YouTube-Kanal den epischen Song „Murder Most Foul“: Das über 16 Minuten lange Lied hat das Attentat auf John F. Kennedy und den Verschwörungstheorien darum. Es enthält einmal mehr viele Zitate aus der Popkultur sowie Hochliteratur, genauso wie das als neues Meisterwerk gefeierte neue Album „Rough And Rowdy Ways„.

Diskografie Bob Dylan:

Bob Dylan (1962)

The Freewheelin’ Bob Dylan (1963)

The Times They Are a-Changin’ (1964)

Another Side of Bob Dylan (1964)

Bringing It All Back Home (1965)

Highway 61 Revisited (1965)

Blonde on Blonde (1966)

John Wesley Harding (1967)

Nashville Skyline (1969)

Self Portrait (1970)

New Morning (1970)

Pat Garrett & Billy the Kid (1973)

Dylan – A Fool Such as I (1973)

Planet Waves (1974, mit The Band)

Blood on the Tracks (1975)

The Basement Tapes (1975, mit The Band)

Desire (1976)

Street Legal (1978)

Slow Train Coming (1979)

Saved (1980)

Shot of Love (1981)

Infidels (1983)

Empire Burlesque (1985)

Knocked Out Loaded (1986)

Down in the Groove (1988)

Oh Mercy (1989)

Under the Red Sky (1990)

Good As I Been to You (1992)

World Gone Wrong (1993)

Time Out of Mind (1997)

“Love and Theft” (2001)

Modern Times (2006)

Together Through Life (2009)

Christmas in the Heart (2009)

Tempest (2012)

Shadows in the Night (2015)

Fallen Angels (2016)

Triplicate (2017)

Rough And Rowdy Ways (2020)

Bob Dylan (Pressefoto Facebook)

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