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Wir Sind Helden – Bring mich nach Hause (Album)

Ihre „Reklamation“ darf man für die deutsche Popmusik zu einem der vielleicht stilprägendsten Alben in der letzten Dekade zählen. Sieben Jahre später mag die jugendliche Rotzigkeit von Wir Sind Helden etwas verblasst sein: relevant sind ihre Songs aber noch immer – bis zur kleinsten Nebenveröffentlichung.

„Guten Tag“ zählt bis heute noch zu den meistgeladenen Songs im Tonspion. Das zugehörige Album verkaufte sich nahezu eine Million Mal. Wirkte ihr Debüt im Jahr 2003 geradezu rebellisch, wurde ihr Sound im Laufe der Jahre erwachsener und mutierte zu einer Art von Konsens-Pop – allerdings im besten Sinne. Fast niemand konnte absolut nichts mit ihnen anfangen, jeder konnte ihnen irgendetwas abgewinnen. 

Die Band um Judith Holofernes mag radiotauglich klingen, die Texte mögen bisweilen etwas akademisch daherkommen, auch auf ihrem mittlerweile viertem Album – und trotzdem liegt ihrer Musik immer noch etwas zugrunde, dass sie niemals langweilig werden lässt. Anschaulich demonstriert das auch das zeitgleich zur aktuellen Single „Die Ballade von Wolfgang und Brigitte“ veröffentliche „Meine beste Freundin. Vor zwölf Jahren geschrieben, aktuell im Remix der gefragten Hamburger Great Paulukka ins Netz gestellt, führt das Stück die Homo/Hetero-Thematik der Single verspielt fort.

Ob es nun die subtile Ironie ist oder einfach das Know-How für den eingängigen, charmanten Hit: Wir Sind Helden beweisen heute noch, dass sie eine wichtige deutschsprachige Band sind. Nach blasiertem Alterswerk klingt „Bring Mich Nach Hause“ jedenfalls nicht. Dass sie sich für den Engländer Ian Davenport als Produzenten entschieden haben, war sicherlich ein richtiger Schritt – eventuell war er es, der sie zwischen den Zeilen so melancholisch und düster wie noch nie inszenierte; nachzuhören insbesondere auf dem abstrakten Trauerstück „Meine Freundin war im Koma“.

Im Fazit werden sich Wir Sind Helden mit diesem Werk keine neuen Fans erschließen. Aber sie werden ihren alten eher begeistern, als sie zu enttäuschen. Kein Grund also für eine Reklamation.

Auf Spotify hören:

ACT DES MONATS

Linkin Park (Bandfoto 2024, James Minchin)
ACT DES MONATS: Linkin Park (Foto: James Minchin)

 

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