The Voice of Germany ist 2011 gestartet als Alternative zu DSDS. Doch die Quote ist im Sinkflug und die Gewinner kennt heute kaum noch jemand. Warum The Voice noch schlimmer als DSDS ist.
Die Idee hinter „The Voice“ ist eigentlich ganz smart: 4 erfahrene Musiker hören nur die Stimmen und können sich umdrehen, wenn sie diese Stimmen gut finden und den Talenten durch ihre Erfahrung helfen, ein großes Publikum zu erreichen. Dieses Jahr sind das der früher mal erfolgreiche Sänger Ronan Keating, der unvermeidliche Giovanni Zarella, die schmerzfreien Kaulitz-Zwillinge und Youtube-Star Shirin David, die vorher auch schon bei DSDS in der Jury war.
Doch was tatsächlich passiert, ist etwas ganz anders: nicht die Kandidaten, sondern die Jury steht im Mittelpunkt der Show. Sie veröffentlichen ihre Singles in der Show und nutzen die wertvolle Sendezeit, zweimal pro Woche vor Millionenpublikum zur Eigenpromotion. Um die Talente geht es nicht wirklich und ging es noch nie.
Und das wissen die Jurymitglieder alle ganz genau, vor allem Bill Kaulitz und Giovanni Zarella, die auch schon mal Kanonenfutter in einer Castingshow waren. Sie sind sich aber trotzdem nicht zu schade, den jungen unerfahrenen Talenten vorzuheucheln, dass sie durch die Show ganz groß rauskommen könnten.
Die Verlogenheit dieser Show ist deshalb noch schlimmer als bei DSDS, wo allen seit vielen Jahren völlig klar ist, dass es nur um einen geht: Pop-Dino Dieter Bohlen und seine sexistischen oder beleidigenden Sprüche. Das haben offenbar inzwischen auch die Zuschauer erkannt. Die Quoten von The Voice haben sich seit der ersten Staffel (4 Millionen Zuschauer im Schnitt) halbiert.
Es gingen bis heute keine erfolgreichen Stars aus der Show hervor, bei allen Gewinnern brach der Erfolg nach Ende der Show aprupt ab, auch wenn manche noch ein paar Engagements danach bekamen oder beim ESC mitmachen durften. Weniger oder noch weniger erfolgreich.
Manche konnten trotz des Millionenpublikums nicht einmal einen einzigen Song in den Charts platzieren. Auch Hits werden – mit extrem wenigen Ausnahmen in den USA oder UK – nicht in Castingshows kreiert. Letztlich sind die Teilnehmer von The Voice einfach nur Beiwerk und werden ganz bewusst verheizt.
Nicht nur Iggy Pop warnt deshalb seit Jahren vehement: „Stay away from drugs – and talent judges.“ Beides kann einem zwar einen kurzen Kick verleihen, aber nicht helfen.
Ganz im Gegenteil. Der kurzfristige Pseudo-Erfolg und der anschließende zwangsläufige Absturz kann sensiblen Menschen schweren Schaden zufügen. Gewinner Andreas Kümmert entzog sich diesem Sog durch seine konsequente Absage seiner ESC-Teilnahme. Er hat wohl geahnt, dass es danach noch viel schlimmer wird, ganz gleich wie es ausgeht. Ein Schritt, der mehr als Respekt verdient und neuen Teilnehmern zu denken geben sollte. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Wer das nicht glaubt, braucht sich nur die Liste der Gewinner von „The Voice“ seit Staffel 1 anschauen. Alle sicherlich auf ihre Weise hervorragende Sänger, aber ganz einfach im falschen Format. Erfolgreich wird man in der Musikbranche heute nicht mehr in Casting-Shows, sondern durch kontinuierliche Arbeit und Professionalisierung. Und indem man sich sein eigenes Publikum erspielt, ganz egal ob live auf den Bühnen oder auf Youtube oder Tiktok. Dafür braucht man keine TV-Show. Selbst erfolgreiche Stars geben inzwischen zu, dass ein Fernsehauftritt heute kaum noch einen Einfluss auf den Erfolg hat.
Das gilt natürlich auch für DSDS und alle anderen Castingshows. In Deutschland kann man dadurch vielleicht bekannt werden, aber Bekanntheit ist eigentlich nur die negative Seite des Erfolgs. Die positive Seite, das Geld und die künstlerische Erfüllung, bekommt man nur, wenn man seine Karriere selbst in die Hand nimmt und jeden einzelnen Schritt selbst bestimmt.
Wenn du also 15 bist und von einer Teilnahme an einer Castingshow träumst: überleg nochmal, ob das der richtige Weg für dich ist und ob du dir antun willst, der nächste Flop in dieser Liste zu sein. Und wenn du ein Elternteil eines solchen Teenagers bist: sprich mit ihm darüber, ob das wirklich der richtige Weg ist, um sich selbst Träume zu erfüllen. In den allermeisten Fällen ist es das nicht. Ganz im Gegenteil.
Die Gewinner von The Voice Of Germany seit 2011
Staffel 1 (2011):
- Gewinnerin: Ivy Quainoo
- Erfolge: Ivy Quainoo veröffentlichte nach ihrem Sieg ihr Debütalbum „Ivy“ und hatte mit „Do You Like What You See“ eine erfolgreiche Single.
- Was macht sie heute? Der Erfolg ebbte nach ihrem Sieg trotz zahlreicher TV-Auftritte schnell ab und Ivi Quainoo wandte sich einer Schauspielausbildung zu. Heute steht sie im Musical „Hamilton“ in Hamburg auf der Live-Bühne. Was letztlich nur eins beweist: Qualität setzt sich früher oder später auch so durch.
Staffel 2 (2012):
- Gewinner: Nick Howard
- Erfolge: Nick Howard veröffentlichte nach seinem Sieg das Album „Stay Who You Are“ und landete mit seiner Single „Unbreakable“ in den Charts.
- Was macht er heute? Nick Howard veröffentlichte nach seinem Sieg noch zahlreiche weitere Singles, konnte aber an seinen Erfolg nicht anschließen. Er ist aber nach wie vor als Live-Künstler unterwegs, wenn auch in kleinen Clubs.
Staffel 3 (2013):
- Gewinner: Andreas Kümmert
- Erfolge: Der Blues-Sänger Andreas Kümmert war der einzige The Voice Kandidat, der seinen größten Hit mit einer von ihm selbst geschriebenen Nummer hatte. „Simple Man“ landete auf Platz 2 der deutschen Charts. Auch weitere Songs und Alben verkauften sich gut. 2015 gewann er auch noch den Vorentscheid für den Eurovision Song Contest mit überwältigender Mehrheit der Stimmen, schenkte seinen Sieg aber der Zweitplatzierten Anne-Sophie. Später gab er bekannt, dass er zu dieser Zeit an einer Angststörung und Panikattacken litt. Eine völlig nachvollziehbare Entscheidung also, die Reißleine zu ziehen.
- Was macht er heute? Andreas Kümmert ist weiterhin erfolgreich als Live-Musiker unterwegs und veröffentlichte 2020 sein letztes, selbst produziertes Album. Um ihn braucht man sich wohl die wenigsten Sorgen machen, auch wenn es zur ganz großen Karriere letztlich doch nicht reicht, wird er live immer sein Publikum finden.
Staffel 4 (2014):
- Gewinnerin: Charley Ann Schmutzler
- Erfolge: Charley Ann Schmutzler landete mit ihrem Siegersong „Blue Hearts“ in den Top 3 der Single Charts.
- Was macht sie heute? Charley Ann Schmutzler steht genau wie vor ihrem Sieg regelmäßig als Schauspielerin vor der Kamera. Musikalisch trat sie allerdings nicht mehr in Erscheinung.
Staffel 5 (2015):
- Gewinnerin: Jamie-Lee Kriewitz
- Erfolge: Jamie-Lee Kriewitz nahm am Eurovision Song Contest 2016 teil und veröffentlichte ihr Debütalbum „Berlin“.
- Was macht sie heute? Jamie-Lee Kriewitz ist weiterhin als Sängerin unterwegs, konnte aber an ihren Erfolg nicht mehr anschließen, nachdem sie beim ESC auf dem letzten Platz landete.
Staffel 6 (2016):
- Gewinner: Tay Schmedtmann
- Erfolge: Tay Schmedtmann veröffentlichte nach seinem Gewinn eine Single, die die Top 10 nicht erreichen konnte.
- Was macht er heute? Tay Schmedtmann hat seine Musik-Karriere beendet und arbeitet in seinem gelernten Beruf.
Staffel 7 (2017):
- Gewinnerin: Natia Todua
- Erfolge: Natia Todua wurde in ihrer Heimat Georgien als Jurymitglied für „Georgian Idol“ besetzt
- Was macht sie heute? Natia Todua tritt weiterhin live auf und arbeitet an neuen musikalischen Projekten.
Staffel 8 (2018):
- Gewinner: Samuel Rösch
- Erfolge: –
- Was macht er heute? Samuel Rösch brach nach seinem Überraschungssieg bei The Voice sein Studium ab und tingelt heute durch die Provinz.
Staffel 9 (2019):
- Gewinnerin: Claudia Emmanuela Santoso
- Erfolge: –
- Was macht sie heute? Claudia Emmanuela Santoso ist heute als Influencerin erfolgreich auf Instagram mit knapp 200.000 Followern und veröffentlicht weiterhin Musik.
Staffel 10 (2020):
- Gewinnerin: Paula Dalla Corte
- Erfolge: Paula Dalla Corte setzte ihre Musikkarriere fort und konnte einen Hit in ihrer Heimat Schweiz landen.
- Was macht sie heute? Paula Dalla Corte veröffentlichte kürzlich einen neuen Song bei Universal Music und hat mit ihren 22 Jahren und dank ihres überragenden Talents bestimmt auch weiterhin das Potenzial für eine internationale Karriere. Der Zwischenstop bei „The Voice“ hat ihr dabei vermutlich eher geschadet als genutzt. Wir sind gespannt, ob sie den Bann durchbrechen kann.
Staffel 11 (2021):
- Gewinner: Sebastian Krenz
- Erfolge: –
- Was macht er heute? Sebastian Krenz ist Gründer eines Startups.
Staffel 12 (2022):
- Gewinnerin: Anny Ogrezeanu
- Erfolge: –
- Was macht sie heute? Anny Ogrezeanu singt weiterhin als Support für Callum Scott, mit dem sie ihre bisher einzige Single veröffentlichte.