Der Dokumentarfilm „The Teaches of Peaches“ bietet einen faszinierenden Einblick in die transformative Reise der kanadischen Künstlerin Merrill Nisker zur exaltierten Punk-Performerin namens Peaches.
Der Film beleuchtet den Werdegang von Merrill Nisker, die ihre Karriere in den 1990er Jahren als Teil des Folk-Trios Mermaid Cafe begann und später als Musiklehrerin beim YMCA tätig war, bevor sie sich in Deutschland neu erfand und als Peaches zur Bühnenikone wurde. Gemeinsam mit ihren kanadischen Mitmusikern Gonzales, Mocky und Feist eroberte sie die Underground-Clubs Berlins im Jahr 2002 im Sturm und wurde im Alter von 36 Jahren mit ihrem Debütalbum „The Teaches of Peaches“ zur international gefeierten Underground-Ikone.
Prägend für ihren Stil wurden ihre minimalistischen elektronischen Songs, allesamt produziert mit einem Roland MC-505, in Verbindung mit sexuell expliziten und feministischen Texten. Peaches beeinflusste damit nicht nur junge Frauen und verhalf ihnen zu mehr Selbstbewusstsein, sondern gilt auch in der queeren Community als Superstar.
Bei einer ihrer ersten Shows in Deutschland trat sie in Köln gemeinsam mit Chilly Gonzales vor ca. 20 zahlenden Gästen auf und nahm nach ihrem Konzert alle Zuschauer Backstage, gab Bier aus und Gonzales improvisierte auf dem Klavier. Auch in Berlin wurden die häufig spontan-improvisierten Shows der kanadischen Musiker-WG schnell legendär. Doch dann folgte der Ruf vom Major und auf die großen Bühnen der Welt.
Der Film zeigt die Entwicklung der Bühnenshow, von den ersten Ideen über intensive Proben bis hin zu den mitreißenden Live-Auftritten, und ermöglicht Einblicke in Peaches‘ Arbeit als feministische Musikerin, Produzentin, Regisseurin und Performancekünstlerin. Aber auch das Scheitern beim Major Sony, der dafür sorgen wollte, dass ihr Image glatter wurde und sie zu Top Of The Pops schickte. Eine krasse Fehlbesetzung, denn mit Mainstream Entertainment möchte die Künstlerin bis heute nichts zu tun haben.
Dass auch das Private politisch ist, zeigen die Interviews mit ihrem Partner, dem transsexuellen US-Rapper Black Cracker, der den ikonischen Satz sagt: „As long as you don’t suck on it, it’s none of your business“ und damit die sexuelle Selbstbestimmung als Menschenrecht meint. Peaches tritt auch als lautstarke Befürworterin der Pro Choice Bewegung auf, die das umstrittene Recht auf Abtreibung für Frauen in den USA gegen die Angriffe der Republikaner verteidigen will.
ACT DES MONATS
Die Regisseure Philipp Fussenegger und Judy Landkammer präsentieren eine eindrucksvolle Mischung aus Konzertaufnahmen, Archivmaterial und Interviews, die den Zuschauer in die Welt von Peaches eintauchen lässt. Sie haben über fünf Jahre an dem Film gearbeitet und mussten Peaches mühsam davon überzeugen, ihr privates Archiv zu öffnen. Sie sei ein „Kontrollfreak“ sagte Peaches zum Filmstart in Berlin. Die ersten Versionen des Films seien „schrecklich“ gewesen und so erklärte sie sich irgendwann doch bereit, auch private Aufnahmen aus der Zeit in Toronto in der WG mit Mocky und Feist sowie aus ihrer Zeit als Betreuerin in einem Kindergarten für den Film zur Verfügung zu stellen.
Der Film verzichtet dankenswerterweise auf die üblichen Lobhudeleien von anderen Künstler*innen. Peaches betont auf Nachfrage, dass die Meinung anderer Leute für sie völlig irrelevant sei und nichts bedeute, deshalb kommen im Film auch nur die engsten Freunde und Freundinnen der Künstlerin zu Wort, unter anderem Chilly Gonazles, Feist oder Shirley Manson von Garbage – die Menschen, die sie in den letzten 20 Jahren kontinuierlich begleitet haben.
Auch die Aufnahmen von den Proben zur Jubiläumstour 2022 zeigen, dass es nicht immer nur glamourös ist, Peaches zu sein und als Frau Ende 50 so viel Energie in eine Liveshow zu legen. Peaches spricht auch ganz offen über die negativen Seiten eines kräftezehrenden Lebens auf Tour.
„The Teaches of Peaches“ ist am Ende viel mehr als nur ein Musikdokumentarfilm – er ist eine Hommage an eine Künstlerin, die sich mutig gegen gesellschaftliche Normen stellt und dabei eine beeindruckende künstlerische Vision verfolgt. Durch die persönlichen Einblicke und die mitreißenden Live-Aufnahmen wird deutlich, welchen Einfluss Peaches auf die Popkultur und die Musikindustrie ausgeübt hat und weiterhin ausübt. Der Film lädt das Publikum ein, Peaches‘ Welt zu entdecken und sich von ihrer kreativen Leidenschaft und Unverfrorenheit inspirieren zu lassen.
Der Film „The Teaches of Peaches“ gewann bei der Berlinale 2024 den Teddy Award als bester queerer Dokumentarfilm, die Preisverleihung führte jedoch zu einem Eklat, weil die Jury ein Statement zum Palästina-Konflikt verlas und Israel darin Apartheid und Genozid vorwarf – und dabei den brutalen Angriff der Hamas auf Menschen in Israel am 7. Oktober verschwieg.
Zum Filmstart im Berliner Kino International wollte sich Peaches dazu positionieren und verlas gemeinsam mit den Produzenten des Films ein politisches Statement zum Umgang mit Gaza-Protesten in Deutschland und warf dem deutschen Staat und der Polizei darin „faschistische“ Methoden im Umgang mit Demonstrant*innen vor, äußerte sich aber ansonsten durchaus nuanciert zum Konflikt und warb für eine offene und empathische Kommunikation. „Das ist der einzige Weg, unsere Menschlichkeit und unsere Demokratie zu schützen“.
In einem Facebook Post fordert Peaches die Öffentlichkeit auf, nach Rafah zu schauen und das Vorgehen Israels, sowie gegen Unterstützung der rechtsradikalen israelischen Regierung mit Waffen durch die USA und Deutschland zu protestieren.
„All eyes on Rafah, as Israel’s disproportionate and cruel war of retribution (led by a hard-right war cabinet that openly espouses genocidal rhetoric) continues to massacre, maim and starve tens of thousands of Palestinian civilians. A tiny minority of those who are being hit are Hamas militants. Most of this asymmetrical war’s victims are displaced, defenceless, suffering and traumatised people who literally have nowhere to go. Over half of Gazan homes have been razed to the ground. The bulk of Gazan civil infrastructure—hospitals, schools, universities, graveyards, places of worship, cultural and community facilities—has been flattened. Over 14,000 children have been killed. If you are a German/American taxpayer who is pretending not to notice that your tax contributions are funding the ongoing nightmare, take a moment to consider what it means to be complicit in a humanitarian catastrophe of this scale.
There are inevitably those who will pop up to dismiss the mass death that we are witnessing, to insist that Israel has the right to defend itself. The question, of course, is how. The question, of course, is at what cost—present and future—not only to Palestinians and Israelis, but also to the dwindling prospect of a peace process:
Ongoing bombing will not bring back the Israelis who died brutally at the hands of Hamas on 7 October, or secure the safe return of Israeli hostages. Continuing to mercilessly pummel Gaza can only further amplify antisemitism and Islamophobia worldwide and undermine faith in humanitarian law. Rather than cementing its credibility as ‘the only democracy in the region,’ Israel’s bloody campaign of vengeance has dramatically undermined the nation’s global standing. Palestinians have—and will continue—to bear the most severe and horrific consequences. Those who are cheering on the bloodshed in the belief that the world will be a safer place for global Jewry once the dust settles, are living in a state of delusion and deep-seated denial.
Listen to the students. It may be tempting to demonize them now. Ask yourself: When has a student movement that vehemently protested the excesses of war, ever been wrong?
PERMANENT CEASEFIRE NOW“
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