Es ist der „Spiderman is coming tonight“-Refrain von „Lullaby“, der The Cure 1989 trotz aller Düsternis auch weit außerhalb ihres eingeschworenen Frankreises enorme Anerkennung beschert. Als das dazugehörige Album „Disintegration“ erscheint, hat die Band bereits zwölf Jahre und sieben Longplayer auf der Uhr.
Wer nach dem kongenialen „Pornography“ – aufgrund der dann folgenden zwei Alben mit einigen guten, aber für The Cure irgendwie auch zu belanglosen Popsongs (u.a. „Love Cats“ und „Why Can’t I Be You“ ) – schon glaubte, Robert Smith hätte die ihm stets innewohnende Melancholie plötzlich ad acta gelegt, wird mit „Disintegration“ eines Besseren belehrt.
Die zwölf todtraurige Songs verbreiten absolute Endzeitstimmung, angetrieben durch ein schleppendes Schlagzeug und die verzweifelte Stimme von Robert Smith, die ebenso verzweifelte Texte intoniert.
Songs wie „Pictures Of You“, „Fascination Street“, „Lovesong“ und „Last Dance“ brennen sich ins musikalische Gedächtnis des Hörers ein. Für immer. Alles, was Smith und Co. von nun an veröffentlichen, wird an diesem Album gemessen – und so nicht mehr erreicht.
Zu Deutschland passt der Albumtitel – Disintegration = Auflösung – in diesem Jahr wie die Faust aufs Auge. Alles befindet sich in der Auflösung, im Umbruch, als die Mauer fällt.
Leider trifft das emotional auch auf Smith zu, der kurz vor seinem 30. Geburtstag steht und glaubt, danach nichts wirklich Gutes mehr zustande zu bringen. Diese Selbstzweifel scheinen musikalisch auf „Desintegration“ durch. Das Album ist wie eine Endlosschleife des Unglücklichseins, bei dem jede Faser des Hörer-Körpers den Schmerz des Frontmanns in sich aufzunehmen scheint. Es ist Musik wie ein tiefgründiger Moll-Trip.
ACT DES MONATS
„Disintegration“ ist die volle Portion Melancholie, in die man sich immer wieder voller Inbrunst hineinfallen lassen kann. Diese Platte ist Schmerz, Trauer und Trost zu gleich und hat sich so einen besonderen Platz in unseren Herzen verdient.
Autor: Nicole Ankelmann
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