Die Anastacia der Schweiz Stefanie Heinzmann präsentiert auf ihrem neuen Album porentief sauberen Soulpop für den Familienbrunch oder das Frühstücksfernsehen.
Über zehn Jahre ist es schon her, dass Stefanie Heinzmann den Wettbewerb SSDSDSSWEMUGABRTLAD von Stefan Raab gewonnen hat. Wer weiß noch, wofür das stand? Und damit ist nicht die Erklärung „Stefan sucht den Superstar, der singen soll, was er möchte, und gerne auch bei RTL auftreten darf!“ gemeint, sondern wirklich: Wofür stand und steht der Casting-Wahnsinn?
Gesucht werden im Prinzip disziplinierte Dienstleister, die durchaus gut singen können und durchaus das eine oder andere „crazy“ Merkmal haben dürfen (aber bitte nicht wirklich). Bei Heinzmann gibt es das zwar nicht wirklich (zählen weiß gefärbte Haare oder Brille?), dazu ist die Schweizerin einfach zu bodenständig und auch das fünfte Album zeugt davon.
Video: Mother’s Heart
Im glattgebügelten „All We Need Is Love“ ist alles vertreten, um sich am Buffet des aktuellen Mainstreampops vollfressen zu können: „Eh Oh Eh Ohs“ im poppigen „Shadows“, zwangsoptimistischer Soul in „Not Giving Up“, Kirmes-Elektro zusammen mit Alle Farben in „Build A House“ oder radiotaugliches wie in „Mother’s Heart“.
Letzteres schrieb sie, weil sie sich immer nicht weiblich genug fand und nicht hübsch genug. Als sie schließlich diese Gedanken aus der Sicht ihrer Mutter betrachtete, fand sie das grausam – schließlich sei sie (und ihr Bruder) das Beste, was diese in ihrem Leben machte. Ob diese Sicht auf das Mutterdasein jedoch nicht auch grausam ist, sei dahingestellt.
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Video: You Get Me
Das ist handwerklich natürlich dennoch alles gut gemacht und Heinzmanns Stimme ist natürlich ebenfalls gut, doch mehr als braver Dienstleistungspop bleibt eben nicht hängen. Dazu tragen auch die Texte bei, die stets gefällig bleiben und Kalendersprüche wie „Sei Du selbst“ vertonen. Klar, dass dieses gefällige Album perfektes Radiofutter bietet und direkt auf Platz 1 der Albumcharts ging.
Dabei wäre es doch ziemlich schön, wenn man als Musikerin nicht ständig man selbst ist, sondern aus sich heraustritt, wie in dem Ausreißer-Song „Every Day Is A Good Day“, der angenehm reduziert und nicht mit penetrantem Refrain daherkommt. Denn nicht jeder Tag ist ein guter Tag, auch wenn man noch so sehr alles mit „All We Need Is Love“-Sprüchen zukleistert.