Sarah Connor bleibt auch auf ihrem neuen Album bei der deutschen Sprache und die darauf enthaltenen pathetischen pseudo-authentischen Texte brühen im Lichte besehen ziemlich aufdringlich alte Klischees auf.
Seit ihrem letzten Album „Muttersprache“ singt Sarah Connor also auf Deutsch, nennt sich aber nicht Sarah Lewe, sondern setzt weiterhin auf ihren Künstlernamen, der ihr zu Beginn der Karriere international vielversprechender schien als ihr Geburtsname. Dabei ist Connors Versuch international relevant zu sein, extrem bieder (und vielleicht auch ziemlich deutsch) geraten: Dem Beginn als verruchtes Neunzigerjahre-Popsternchen mit (hihi) anzüglichen Titeln wie „Let’s Get Back To Bed – Boy!“ oder „French Kissing“ folgte die Simulierung einer Soulpop-R&B-Diva in Alben wie „Sexy As Hell“ oder „Soulicious“.
Es kamen dann kleine peinliche Unterbrechungen wie das „Brüh im Lichte“-Kitschdebakel beim pathetische Absingen der Nationalhymne oder das Verkaufen der eigenen (ach so authentischen) Hochzeit für eine Pro7-Sendung. Danach die Wandlung zur vermeintlich gereiften Künstlerin, die sich privat sozial engagiert und nun mit starken Texten in dem aktuellen Album „Herz Kraft Werke“ aufwarten will. Der Titel klingt derweilen ein wenig wie der hilflose Versuch der CDU einen hippen Slogan zu verfassen und die Songs klingen ähnlich verzweifelt, in dem Bemühen „echt“ zu sein.
Video: Vincent
Connor inszeniert sich vom ersten Wort und Ton an als toughe Frau und beschützende Mutter (und das sei hier nur erwähnt, weil dieser Fakt eine große Rolle beim Bewerben des Albums spielt), die von „AfD-Idioten“ singt und sich an die Seite der Außenseiter stellt. So ist auch der „Coming-Out“-Song „Vincent“ eine angeblich wahre Geschichte, die ihr eine befreundete Mutter erzählte, deren Sohn sich mit 15 Jahren als homosexuell outete.
Die ersten Zeilen des Liedes lauten dann unbeholfen so: „Vincent kriegt keinen hoch, wenn er an Mädchen denkt, er hat es oft versucht und sich echt angestrengt“. Das will man sich nicht wirklich vorstellen und man hofft, dass dieser „Vincent“ nicht wirklich existiert und sich hier in kitschigem Geklimpere mit vielen Klischees ausgestattet mütterlich tröstend besingen lassen muss.
Fast schon putzig derb klingt Connor dann in „Keiner pisst in mein Revier“: In der gehauchten Ballade geht es nicht um Feminismus, sondern eigentlich nur wieder einmal darum, dass ja keine andere Frau sich an den eigenen Mann heranmachen soll.
Video: Flugzeug aus Papier (Für Emmy) (Live In Berlin / 2019)
Emotionen werden Song für Song mit dem Holzhammer eingeprügelt: Sarah Connor macht es einfach nicht unter den ganz großen Breitwand-Gefühlen, die so sehr mit dem Label „echt“ versehen werden, dass jede Kritik daran als gefühllos abgetan werden muss. Bestes Beispiel ist der Song „Flugzeug aus Papier (Für Emmy)“, bei dem es um die tödlich verunglückte Tochter des Skifahrers Bode Miller geht.
Im Song „Ruiniert“ fragt sie schließlich: „Was hat uns so ruiniert, das Hirn so glattpoliert, das uns nichts mehr berührt?“. Solche kalkulierte Texte samt breiigem Sound, könnte man (böse) antworten.
Die Songs selbst wechseln sich zwischen schlagereskem Pop, schlagereskem Rock, schlagereskem Blues und schlagereskem Soul ab: Sarah Connors Stimme ist bei all dem glattgebügelten Sound durchaus etwas Besonderes, sie kann rau, schrill und sanft sein – doch sie kann sich nicht befreien aus den klischeebeladenen Texten und triefenden Melodien. Wofür „Herz“ und „Kraft“ steht, wird damit auf dem Album überdeutlich, „Werke“ bleibt jedoch ein leerer Begriff, der noch gefüllt werden müsste.