Sam Himself möchte ein „Eisbär“ sein – Pünktlich zum RBF 23 singt der Basler Wahl-New Yorker zum ersten Mal auf Deutsch und covert „Eisbär“ von Grauzone (1981).
Der US-Schweizer Indie Rocker, «King of Tears» und mehrfache Swiss Music Awards–Podestwärmer Sam Himself — aktuell u.A. auf HBO zu hören! — serviert seinen Fondue Western–Sound erstmals auf Deutsch: zur Feier seines Showcases am diesjährigen Reeperbahn Festival covert der Basler Wahl-New Yorker «Eisbär» von Grauzone. Die arktisch coole Original-Version der Schweizer Post-Punk-Helden (darunter der inzwischen international renommierte Solo-Künstler Stéphan Eicher) erschien 1981; heute gilt «Eisbär» als Klassiker der Neuen Deutschen Welle. Fernab von schnöder Hommage legt Sam mit seinem Cover die unterm Fell verborgene Sehnsucht und Melancholie des Eisbären frei, ohne dabei Pathos oder Ironie zu bemühen — oder sich vom Kult-Status des Originals einschüchtern zu lassen. Stilsicher verneigt sich Sam Himself vor seinen Wegbereitern als Schweizer Künstler mit internationaler Strahlkraft. Dabei klingt er, ganz im Sinne von Grauzones Pioniergeist, jede Sekunde nach sich selbst. Das Resultat fällt dank dem Mix von Daniel Schlett (Iggy Pop; The War on Drugs), Sam’s langjährigem Produzenten und «Zweiten Beatle» sowie dem Mastering von Greg Calbi (David Bowie; Bruce Springsteen), glühend tanzbar aus.
Kaum zwei Jahre ist es her, seit der zweifache Swiss Music Awards-Nominierte Sam Himself mit der Veröffentlichung seines “kunstvoll atmosphärischen” (– KEXP) Debütalbums Power Ballads die internationale Bühne betritt: der “grosse Wurf” (BZ) landet auf Radiowellen an beiden Ufern des grossen Teichs, klettert in die nationalen Albumcharts und beschert Sam seine zweite Swiss Music Awards-Nomination in Folge. Auch live beweist sich Sam in der Schweiz, Deutschland, den USA und Österreich, kürzlich sogar gemeinsam mit dem Sinfonieorchester Basel.
Eine Verschnaufpause hätte man Sam Himself entsprechend verziehen. Doch das Zeitverschwenden gehört nicht zu den Talenten des Songwriters, Performers und Multiinstrumentalisten. Mit seinen “smokey baritone vocals” (– Under The Radar) macht sich dieser spätestens seit 2020 einen Namen, als er, in Anerkennung seiner dritten EP Slow Drugs (2020), zum ‘Best Talent’ des Schweizerischen Nationalfunks erklärt wird. Sams Stern war allen Anzeichen nach am Steigen, als er mit dem Schreiben seines Debütalbums begann. Power Ballads ist dennoch hörbar geprägt von der Einsamkeit einer Phase, in der Sam sich nach eigener Aussage alles andere als “powerful” gefühlt habe: eben angereist aus New York fand sich der gebürtige Basler im Frühjahr 2020 statt auf der geplanten Europatournee plötzlich im Heimat-Exil wieder, mit mehr abgebrochenen Tourdaten als frischen Socken im Gepäck und ohne Ahnung, wann er wieder in seine zehnjährige Wahlheimat New York zurückreisen könnte. (Knapp ein Jahr später, wie sich schließlich herausstellen würde.)
Der Pandemie-Melancholie stellt Sam Himself vergangenen Januar mit seinem zweiten Album einen klaren Kontrast entgegen. Never Let Me Go (Sony / TGR) schlägt einen Spagat zwischen roher Intimität und hymnischem Pop – ganz ohne kitschiges Hosenreissen. Für Sam ist sein Zweitling der “Big Bang” einer neuen Ära, sein Soundtrack für den ersten Tag nach dem vermeintlich letzten. Und der kann die Tanzbeine nicht stillhalten, im Puls pocht die Hoffnung, plötzlich gibts wieder ganz viel zu verlieren. Aufgenommen wird Never Let Me Go größtenteils live. Nach Jahren der schmerzhaft vermissten gemeinsamen Studiosessions kehrt Sam Anfang 2022 zurück ins Strange Weather Studio, seiner kreativen Homebase in Brooklyn. Dort werden Sam und Produzent Schlett vom Bassisten Josh Werner (CoCo Rosie; Ghostface Killah) und dem Schlagzeuger Chris Egan (Blood Orange; Solange) unterstützt. Die angestaute Spielfreude dieser Herzblutmusiker explodiert auf Never Let Me Go mit hymnischer Wucht, Erleichterung und soviel Liebe zum Detail als wär’s das erste Mal. – BH
Live
22.09. Hamburg – Reeperbahn Festival