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Verfahren gegen Rammstein eingestellt: kein Missbrauch nachweisbar

Zum Start ihrer aktuellen Welttournee wurden schwere Vorwürfe gegen Till Lindemann erhoben. Er soll während der Rammstein Shows junge Frauen systematisch für Sex gecastet und ausgenutzt haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat nun ihre Ermittlungen eingestellt.

Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte ermittelt, weil öffentlich wurde, dass junge Frauen bei Rammstein-Konzerten zu geschlossenen Partys eingeladen wurden und einige dort unfreiwillig intime Bekanntschaft mit Till Lindemann gemacht haben sollen.

Strafrechtlich könne man Lindemann und seiner Band allerdings nichts nachweisen. Die Staatsanwaltschaft hatte keine belastbaren Beweise über Sexualdelikte oder Verstöße gegen das Betäubungsmittel gefunden.

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ein gegen Till Lindemann, den Sänger der Band „Rammstein“, geführtes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begehung von Sexualdelikten wie auch Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz eingestellt. Die Auswertung der verfügbaren Beweismittel – vor allem der Presseberichterstattung, die sich auf anonyme Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber bezieht, wie auch der ergänzenden Vernehmung von Zeuginnen – hat keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass der Beschuldigte gegen deren Willen sexuelle Handlungen an Frauen vorgenommen, diesen willensbeeinflussende oder -ausschaltende Substanzen verabreicht oder gegenüber minderjährigen Sexualpartnerinnen ein Machtgefälle ausgenutzt hat, um diese zum Geschlechtsverkehr zu bewegen.

Quelle: Staatsanwaltschaft Berlin

Die Angaben der Zeugin Kyla Shyx, die zunächst über „Youtube“ Vorwürfe erhoben hatte, blieben in den Vernehmungen zu unkonkret. Auch gegen die Tourmanagerin war aufgrund von Medienberichten ermittelt worden. Das gegen sie geführte Verfahren wurde ebenfalls eingestellt. Weitere Betroffene hatten sich nur an Journalisten gewandt, aber nicht mit der Staatsanwaltschaft gesprochen, so dass die Tatvorwürfe nicht konkretisiert werden konnten.

Was heißt das nun konkret? Es liegen keine Beweise für sexuellen Missbrauch vor und auch die Behauptung, dass den jungen Frauen Backstage Drogen in Drinks gemischt wurden ließ sich nicht nachweisen. Was hingegen bleibt ist ein moralisch fragwürdiges Verhalten. Warum lockt ein 60-jähriger steinreicher Mann, der gerne frauenverachtende SM-Pornos mit Prostituierten dreht, junge Fans in einen geschlossenen Raum, in dem sie ihre Smartphones und damit die Kontrolle über das abgeben müssen, was dort passiert? Hat er das wirklich so nötig?

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Nach den schweren Vorwürfen ist jedenfalls eine verbitterte Diskussion um die Band, auch unter ihren Fans ausgebrochen. Während die einen Lindemann verteidigen und davon sprechen, dass die Frauen ja wüssten, worauf sie sich einließen, wenn sie sich Backstage einladen lassen, geben andere ihre Karten zurück und wenden sich angewidert von der Band ab.

Insbesondere Eltern mit Kindern wollen sich gar nicht vorstellen, was in den von Türstehern bewachten Räumen passiert, in denen junge Mädchen ihre Smartphones – und damit jegliche Kontrolle über die Situation und jede Möglichkeit Hilfe zu holen – abgeben müssen.

Der Fall ist in allen Medien im Vorfeld der Konzerte in Deutschland ausgiebig diskutiert worden. Die einen wollten die Konzerte der Band verbieten lassen, andere fanden die Vorwürfe der jungen Frauen schlicht lächerlich.

Beide Positionen waren angesichts der tatsächlich komplexen Lage nur schwer nachvollziehbar. Weder kann man so tun, als wäre gar nichts gewesen, noch kann und darf man Kunst ohne ein klares juristisches Urteil einfach so verbieten.

Jeder muss nun für sich selbst überlegen, ob er der Band noch zuhören möchte, dessen Frontmann nicht nur in Gedichten, sondern wohl auch in der Realität junge Frauen gerne willenlos macht und ausnutzt. Wenn die ganze Affäre eines gebracht hat, dann das, dass junge Fans sich vielleicht Gedanken machen, ob sie sich in so eine Situation begeben möchten oder nicht. Am Ende muss das jede für sich selbst entscheiden.

Das Ende der Band? Schlagzeuger spricht von Entfremdung

Was aber am schwersten wiegt, sind die bisher gut versteckten Vorgänge in der Band selbst, die offiziell nur ihren Anwalt sprechen lässt. Schlagzeuger und Gründungsmitglied Christoph Schneider war der einzige, der sich via Instagram äußerte – und von Till Lindemann eindeutig distanzierte.

Auch wenn er am Ende seines Statements den Zusammenhalt seiner Band beschwört, muss man bedenken, dass eine Rammstein Tour ein Mammutunternehmen ist, an dem Hunderte Existenzen hängen und wo es langjährige persönliche Bindungen und Freundschaften und rechtliche Verpflichtungen gibt. Das schmeißt man nicht einfach so hin, selbst wenn man eigentlich möchte. Aber eines ist auch sicher: Arbeiten muss keines der Bandmitglieder mehr.

Doch was sein Statement auch sagt: So kann und wird es wohl nicht weitergehen. Möglicherweise war das die letzte große Tour von Rammstein. Es ist eigentlich undenkbar, dass eine Band, die sich offenbar so weit auseinandergelebt hat, noch einmal zusammen auf einer Bühne stehen kann, nachdem, was passiert ist und nachdem, wie die Bandmitglieder mit in den Sog des Lindemann-Skandals gezogen wurden. Vielmehr: sich haben ziehen lassen. Denn es dürfte ihnen sehr wohl bewusst gewesen sein, was auf den Backstage Parties so passiert.

Man darf also weiterhin darauf hoffen, dass sich die einzelnen Bandmitglieder zumindest nach Ende der Tour klar positionieren und auch eine Entscheidung über ihre Zukunft treffen werden müssen. Nur einer, der mit einem klaren Statement alles hätte verändern könnte, schweigt eisern und zeigt sich gewohnt unberührt: Till Lindemann.

Auch Olli Schulz, der einzelne Bandmitglieder kennt und die Band immer sehr geliebt hat, hat sich nach Bekanntwerden der Vorgänge klar geäußert.

„Das ist einfach nur Machtmissbrauch. Das ist das Ende der Band. Ich glaube tatsächlich, dass diese Geschichte der Band das Genick brechen wird.“

Rammstein-Fan Olli Schulz im Fest&Flauschig Podcast

Was ist passiert? Die Vorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann

Schwere Vorwürfe gegen den Rammstein-Sänger Till Lindemann: Eine junge Irin berichtet auf Instagram von Vorfällen auf einer Party von Rammstein zu der sie eingeladen worden sei. Sie erzählt, der Sänger habe Sex mit ihr haben wollen und sei wütend geworden, als sie abgelehnt habe. Lynn vermutet nun, dass ihr vor der Party Drogen verabreicht worden seien, da sie nach eigener Aussage nur zwei alkoholische Getränke und einen Shot getrunken hatte.

Nach dem Konzert sei sie mit diesen blauen Flecken wieder aufgewacht und wisse nicht, woher diese stammen.

Auf Twitter berichtet sie weiter, dass vor dem Konzert ein Assistent der Band mit einer Kamera ein Video der jungen Mädchen aus der ersten Reihe gemacht habe, um sie auf eine private Party mit der Band vor der Show einzuladen. Dort sei sie schließlich ausgewählt und in einen privaten Raum mit Rammstein-Sänger Till Lindemann geführt worden, der Sex mit ihr wollte und dann verärgert reagiert habe, als sie das ablehnte.

An den weiteren Verlauf des Abends könne sie sich nicht mehr erinnern, da sie unter Drogen gesetzt worden sei, wie Videos vom Konzert beweisen sollen, auf denen sie sich merkwürdig verhalten habe, was sie sonst nie tue.

Auf sozialen Medien bestätigen mehrere Frauen, dass der 60-jährige Lindemann schon länger dafür bekannt sei, sich sehr junge Frauen in die erste Reihe zu holen und dann auf private Partys einzuladen und bestätigten damit ihre Darstellung der Ereignisse.

Was allerdings noch nichts beweist außer die üblichen Rock’n’Roll Klischees. Partys oder Sex mit Groupies sind weder neu noch verboten. Die entscheidende Frage ist aber, ob das einvernehmlich und aus freien Stücken geschieht oder nicht. Ob das bei einem solchen fragwürdigen „Casting“ von weiblichen Fans mit dem Versprechen, ihrem (viel älteren) Idol privat nahezukommen, noch der Fall ist, darf allerdings schon bezweifelt werden.

Mittlerweile sprechen mehrere Frauen von einem derartigen „System der Anbahnung“ und werfen ihm nicht einvernehmlichen bzw. übergriffigen, gewaltvollen Sex vor. Dies berichteten ein Dutzend Frauen dem NDR und der SZ: „Alle sprechen von einem System, das dafür sorgt, dass Till Lindemann von einem professionell organisierten Team Frauen zugeführt werden, die zu für Lindemann organisierten Aftershowpartys kommen und dann dort mit ihm Sex haben sollen“, so Daniel Drepper, Leiter des Rechercheverbunds von NDR, WDR und SZ zu dem Thema.

Die Band distanziert sich von ihrer Darstellung nun in einem kurzen Statement auf Twitter und ließ der Irin offenbar per Anwalt eine Unterlassungsaufforderung zukommen. Eine solche Abmahnung ist normalerweise mit hohen Kosten verbunden. Kommentare lässt die Band auf ihrem Tweet nicht zu.

Hier die gesamte, etwas verworrene Twitter-Thread der jungen Frau

Die junge Irin sieht sich nun Vorwürfen und Hassbotschaften von zahlreichen Rammstein-Fans aus aller Welt ausgesetzt, die ihr alle möglichen Motive unterstellen oder formulieren, sie sei ja selbst schuld. Das ist für sie sicherlich keine angenehme Situation und nichts, was ihr in irgendeiner Form nutzen würde. Niemand möchte so eine Art der Bekanntheit erlangen.

Ganz egal, was genau passiert ist, die Frau braucht offenbar professionelle Hilfe und keinen Shitstorm.

Es ist allgemein bekannt, dass junge Frauen häufig gegen ihren Willen von Männern sexuell belästigt werden. Viele tragen davon langwierige psychische Schäden davon. Deshalb ist sehr wichtig, solche Anschuldigungen erst einmal ernstzunehmen und zuzulassen. Auch wenn man Rammstein heißt. Schließlich hat Till Lindemann selbst zwei Töchter (38 und 30) und sollte Empathie für das Mädchen aufbringen können, sofern die Anschuldigen haltlos sind.

Statt also einfach die Tat einfach „auszuschließen“ und abzuhaken, würde man von älteren Herren wie Rammstein etwas mehr Empathie gegenüber ihren jungen Fans erwarten und hoffen, dass sie den direkten Kontakt suchen, um den Vorfall irgendwie zu klären, statt ihren Anwalt mit einer Abmahnung auf ihre Fans loszulassen.

Nachtrag vom 12. Juni 2023:

Inzwischen hat die Band einen Promianwalt damit beauftragt, gegen die Anschuldigungen in den Medien vorzugehen. Der Deutsche Journalistenverband kritisiert dieses Vorgehen als Einschüchterungsversuch.

„Die Kanzlei hat zuvor in einer Presseerklärung rechtliche Schritte gegenüber Medien angedroht, ’soweit gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung verstoßen wurde‘. Dass die in Medienangelegenheiten bekannte Kanzlei die Interessen ihres Mandanten, der sexueller Übergriffe bei Rammstein-Konzerten beschuldigt wird, vertrete, sei absolut legitim, sagt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. ‚Die Drohung mit rechtlichen Schritten gegen Journalistinnen und Journalisten ist der Versuch, Medien einen Maulkorb anzulegen.'“

DJV Pressemitteilung vom 9. Juni 2023 Quelle

Wir werden weiterhin über diesen Fall berichten, auch wenn wir nicht wissen, was an den Vorwürfen tatsächlich dran ist. Das lässt sich auch kaum beweisen, da die Zeuginnen vor den Treffen mit Lindemann ihre Smartphones abgeben mussten, um keine Aufnahmen dieser Partys machen zu können.

Das mindeste, was man nach solchen schwerwiegenden Vorwürfen erwarten dürfte ist, dass die fragwürdige Praxis der privaten Partys im Vorfeld der Konzerte mit ausschließlich jungen, handverlesenen Frauen sofort eingestellt wird. Damit wird eine Umgebung geschaffen, in der ein Mann kontrolliert, was genau geschieht und in der auch Dinge unter den Teppich gekehrt werden können. Wenn die Band so einen Raum schafft, braucht sie sich über entsprechende Vorwürfe nicht wundern.