Drei Jahre nach dem schwermütigen „Skeleton Tree“ veröffentlicht Nick Cave mit „Ghosteen“ einen mehr als würdigen Nachfolger. Die Trauer von einst ist einer melancholischen Hoffnung gewichen.
Viel Zeit hatten Fans von Nick Cave and The Bad Seeds nicht, um sich emotional auf das siebzehnte Album des avantgardistischen Australiers und seiner Band vorzubereiten. Erst wenige Tage zuvor kündigte er dessen Erscheinen via Social Media an. Nun ist „Ghosteen“ – zumindest digital – verfügbar. Analoge Tonträger gibt es ab dem 8. Oktober, können aber bereits vorbestellt werden.
Cave selbst ist schonmal begeistert von den neuen Songs, wie er auf einem Event in Melbourne kürzlich erzählte. Seine Frau Suzie Brick verriet außerdem auf der Band-Website, manche seiner Stücke kämen nachts im Traum zu ihm. Er nenne sie „Fever Songs“. Und von denen gibt es auf „Ghosteen“ hörbar viele.
Dass der 62-Jährige dabei nicht immer nur von schönen Dingen träumt, überrascht wenig, es ist bekannt. Vor allem der Unfalltod seines 15-jährigen Sohns Arthur vor vier Jahren, der die Aufnahmen zu „Skeleton Tree“ beeinflusste und es zu einem Album der Trauerbewältigung machte, hat ihn verändert. Es habe ihn dazu gebracht, „Menschen auf eine andere Weise zu sehen“. Das habe ihm „ein tiefes Mitgefühl für andere Menschen und ein absolutes Verständnis ihres Leidens“ ermöglicht, so Cave. Und so trotzt er seiner eigenen traurigen Geschichte und spendet mit „Ghosteen“ vor allem eins: Trost.
Es ist ein kosmisches Album voll spährischer Klänge, orchestraler Sounds, die die eindringliche Stimme Caves wie auf einem Teppich vorantragen. Der Trauer von „Skeleton Tree“ lässt er ein Album voll sanfter Hoffnung folgen – von fast gespenstischer Schwerelosigkeit. Die acht Songs auf dem ersten Teil des Doppelalbums nennt Cave die „Children“, zwei lange Stücke und eine Spoken Word Passage machen den zweiten Teil aus, den er als „Parents“ bezeichnet.
Ein zentrales Thema von „Ghosteen“ ist die Liebe. Nicht nur die zwischen zwei Menschen, sondern vor allem die zu den Menschen ganz allgemein, als Ausdruck von Solidarität. Es geht aber auch um Verlust, Freundschaft und die Schönheit der Natur. Cave ist versöhnlich, dankbar, seine Songs fragil und dennoch entschlossen. Entschlossen, das Leben anzunehmen und es trotz all seiner Unwegsamkeiten zu zelebrieren.
‘The songs on the first album are the children.
The songs on the second album are their parents.
Ghosteen is a migrating spirit.’
Nick Cave