Der Musiker, der für seine dunklen Themen bekannt ist, zeigt sich hier von einer überraschend versöhnlichen Seite. Er reflektiert nicht nur über den Verlust seiner Söhne Arthur und Jethro, sondern auch über sein Verhältnis zur Religion und die Möglichkeit, inmitten tiefster Trauer eine neue Art von Lebensfreude zu finden.
Musikalisch setzt “Wild God” auf eine Mischung aus üppigen orchestralen Arrangements, die oft von Chören begleitet werden, und den gewohnt minimalistischen Klängen von Warren Ellis’ subtilen Soundtexturen. Während einige Kritiker die symphonischen Überlagerungen als übertrieben empfinden und sich eine schlankere Bandbesetzung wünschen, wird gerade diese Klangvielfalt als Spiegel für Caves aufwühlende emotionale Reise gesehen. Live dürften die neuen Songs eine ganz neue Seite der Bad Seeds zum Vorschein bringen.
Besonders eindrucksvoll sind die Momente, in denen Cave seine Erlebnisse mit entwaffnender Ehrlichkeit schildert. In Songs wie “Joy” thematisiert er auf bewegende Weise den Verlust seines Sohnes und vermischt dabei Trauer mit einer fast greifbaren Dankbarkeit für das Leben. Die Platte wird so zu einem Zeugnis des Überlebens und der Akzeptanz.
Nick Cave war in letzter Zeit in zahlreichen Podcasts zu Gast, wo er offen über seine persönliche Reise spricht und seinen Zuhörern einen einzigartigen Einblick in sein Seelenleben gewährt und auch über sein besonderes Verhältnis zur Religion spricht, die seine Arbeit von Anfang an stark prägte. Zwar glaubt Nick Cave nicht an einen Gott, der alles regelt, aber er hält Religion dennoch für eine wichtige Stütze für Menschen. Auch Konzerte seien für ihn ein transzendentales Erlebnis und das sei wichtig, um Verbundenheit zu spüren.
Cave singt auch auf seinem neuen Album über die Bedeutung von Liebe, Verlust und den ständigen Kampf zwischen Licht und Dunkelheit – Themen, die sich wie ein roter Faden durch seine Karriere ziehen.
„Wild God“ ist ein würdiges Spätwerk. Anders als viele ältere Künstler hat Cave immer noch etwas zu sagen und das Album reiht sich nahtlos in seine beeindruckende Diskografie ein, in der sich bis heute kein einziges schlechtes Album findet.
Biografie: Nick Cave & The Bad Seeds
Nick Cave gründete 1983 die Band The Bad Seeds, nachdem er bereits in den späten 1970ern mit der Post-Punk-Band The Birthday Party Erfolge gefeiert hatte. Bekannt für ihre düsteren, poetischen Texte und Caves charismatische Bühnenpräsenz, haben The Bad Seeds über die Jahrzehnte hinweg zahlreiche Alben veröffentlicht, die von Gothic-Rock über Blues und Post-Punk bis hin zu experimentellen, fast ambientartigen Klängen reichen.
Mit seinem Album „The Murder Ballads“ und dem Duett mit Popstar Kylie Minogue erreichte Nick Cave zum ersten und einzigen Mal den Mainstream. Auf dem Album ist auch ein Duett mit seiner damaligen Lebensgefährtin PJ Harvey zu hören. Nach ihrer Trennung legte Cave das nachdenkliche Album „The Boatman’s Call“ vor und änderte seinen wilden Lebensstil. Auch seine Musik wurde ruhiger und beschäftigte sich statt mit Tod und Teufel mit spirituellen Themen.
Der Verlust seiner beiden Söhne hat Cave tief geprägt und sein kreatives Schaffen maßgeblich beeinflusst. Diese Erfahrungen verarbeitete er in Alben wie “Skeleton Tree” und “Ghosteen”, die einen Wendepunkt in seinem Werk markieren und eine radikale Offenheit zeigen, die nun in “Wild God” weiter vertieft wird. Heute ist Nick Cave eine der markantesten Stimmen und einer der besten Live-Performer der Musikszene, dessen Live-Shows fast schon den Charakter einer Messe haben.