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Neues Fan-Buch über Depeche Mode: „More than a band Part 1“

Der Autor Jürgen W. Müller veröffentlicht am 17. März 2025 sein neues Buch „Depeche Mode – More than a band Part 1“. Im ersten Teil beleuchtet das Werk die ersten zehn Jahre der Kultband bis zum Erfolgsalbum „Violator“.

Das Buch enthält exklusive Interviews mit rund 30 Wegbegleitern der Band – darunter Ex-Manager, Produzenten, Engineers, Visual Directors, Vorbands und Mitglieder der Schwarzen Szene. Müller hat für seine Recherche mit Persönlichkeiten wie Wayne Hussey (The Mission), Joachim Witt, Clan Of Xymox, Front 242, Tim Simenon (DM / „Ultra“) und Steve Lyon (Engineer „Violator“) gesprochen. Auch Fans kommen zu Wort, darunter Besucher des legendären „101“-Konzerts.

Das Cover stammt von Emil Schult, bekannt durch seine Arbeit für Kraftwerk.

Jürgen W. Müller ist seit über 40 Jahren Fan von Depeche Mode und artverwandter Musik.

Über die Band und ihre Fans hat er ein Buch geschrieben, das mit vielen exklusiv von ihm geführten Interviews angereichert ist.

Interviews u.a. mit Wayne Hussey (The Mission), Emil Schult (Ex-Mitglied Kraftwerk), Joachim Witt, Clan Of Xymox, Phil Burdett (Ex-Bandkollege Martin Gore), Ben Watkins (Ex-Kollege Alan Wilder), Front 242, Adam Spector (Cousin von Vince Clarke), Leæther Strip, Elegant Machinery, Tim Simenon (DM / „Ultra“), Steve Lyon (Engineer „Violator“), Chris Carr (Ex-DM-Pressagent), Peter Care, Brian Griffin (beide Fotos, Videos, Cover), u.v.a.

Neben der intensiven Auseinandersetzung mit den frühen Jahren der Band nimmt das Buch immer wieder Bezug auf spätere Entwicklungen wie den Ausstieg von Alan Wilder, die Aufnahme in die Rock & Roll Hall of Fame, „Memento Mori“ und den Tod von Andy Fletcher.

Das Buch ist als erster Teil einer geplanten Reihe konzipiert.

ACT DES MONATS

Provinz (Presspic 2025, Fotocredit: Rufus Engelhardt, Shana Purnama)
Provinz (Foto: R. Engelhardt, S. Purnama)

 

Autor Jürgen W. Müller

Leseprobe „More Than A Band“

Right next to me

Ich fand es immer noch unwirklich, neben meinem alten Schulfreund zu stehen, den ich so lange nicht gesehen hatte. Zuletzt vor fünfzehn Jahren. Einer Ewigkeit.

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Noch ungewöhnlicher aber war, wo wir uns gerade befanden: Inmitten von 40.000 gutgelaunten Fans, die einer der größten Bands der Welt zujubelten. Und das, obwohl sie immer elektronische Musik gespielt hatte.

»War It Doesn’t Matter nicht der Hammer?«, sagte ich zu ihm. Noch immer war ich völlig geflashed.

Früher hätte Christian mich strafend angeguckt und dann gesagt: »It Doesn’t Matter… Two!«

»Ja, echt super«, rief er stattdessen. »Sogar mit Bassgitarre!«

Der letzte Zugabenblock hatte gerade begonnen, ich hoffte auf eine weitere Überraschung, fieberte den letzten Songs entgegen. Das ganze Weserstadion feierte die Band frenetisch, es war ohrenbetäubend laut. Freude und Wehmut wechselten sich bei mir in ungesundem Tempo ab. Gleich verließ die Band endgültig die Bühne.

Die unglaubliche Energie, die sie und wir Fans zusammen erzeugt hatten, läge noch eine Weile in der Luft. Würde immer wieder zwischen den Leuten hin- und herschwappen, bevor alle auseinander gingen, dahin, woher sie gekommen waren.

Auch mein alter Kumpel Christian und ich würden wieder unserer Wege gehen. Diese waren seit der Schule völlig andere geworden. Und doch war in uns dieser Teil verblieben, der einander auf eine einzigartige Weise entsprach, so klein er mittlerweile auch geworden war. Depeche Mode hatten uns entscheidend geprägt. Daran hegte ich keinen Zweifel. Außer der Band gab es eigentlich nichts, was uns je verband.

Alles, also meine Liebe zur Band, hatte über zwanzig Jahre vorher begonnen. Im Jahr 1984 entdeckte ich sie plötzlich.

Ich war zwölf und die Olympischen Sommerspiele fanden gerade in Los Angeles statt. In der Eingangssequenz der TV-Sendung, die täglich davon berichtete, kam ein Song vor, der so völlig anders klang als jegliche mir bekannte Musik.

Hätte der Moderator danach gesagt, es handele sich um eine Musikgruppe von einem fernen Planeten, ich hätte es wohl geglaubt. Von da an existierten Depeche Mode auf meiner mentalen Landkarte.

In der Schule fragte ich von nun an, ob jemand auch schon mal von Depeche Mode gehört hatte. Einige bejahten dies. Wie sollten wir auch Olympia aus dem Weg gehen?

Aber noch war ich nicht Fan geworden, ich kannte ja nur diesen einen Song – und jenen nicht einmal komplett.

In der Folgezeit legte ich mir einen Stoß Aufnahmekassetten von AGFA oder BASF zu. Samstags, wenn am Nachmittag die Charts im Radio liefen, setzte ich mich stundenlang vor meinen Kassettenrekorder und schnitt ungefiltert jedes Stück mit, egal wie schrecklich es auch war.

Löschen könnte ich immer noch, dachte ich. Tat es aber selten. Manchmal suchte ich auch im holländischen Radio oder bei BFBS, einem englischen Sender, nach brauchbarem Material für eine Aufnahme. Da mein älterer Bruder oft dasselbe tat, tauschten wir unsere Kassetten aus.

Auf einem seiner Tapes hörte ich einige Monate später ein Stück, das so dermaßen aus der Masse der anderen hervorstach, als wäre es der einzige Wolkenkratzer umgeben von Holzhütten.

Nicht, dass dieser Song unbedingt so viel besser gewesen wäre. In allererster Linie klang er einfach total anders, irgendwie futuristisch.

Die Welt des Radios war eine unvergleichlich größere als die des Fernsehens. Wir kriegten bestimmt zehn oder mehr Sender unfallfrei, also ohne ständiges Rauschen, hinein.

So war mein Weg zur Musik bereitet, und was noch besser war: Ich konnte sie aufnehmen und immer wieder anhören, wann ich wollte.

Auf dem Schulhof drehten sich unsere kurzen Gespräche nun häufiger um gewisse Bands, von denen wir gehört hatten. Einige andere kannten wohl etwas mehr von DM, aber niemand ging weiter darauf ein.

Alle mauerten oder mochten einfach etwas anderes, glaubte ich. Vielleicht waren die anderen ebenso unschlüssig wie ich, ob man diese Musik salonfähig nennen konnte. Schließlich wollte niemand zum absoluten Außenseiter werden, nur weil er eine bestimmte Band mochte, die die anderen scheußlich fanden.

So verging Monat um Monat, ich sammelte fleißig weiter neue Songs, indem ich sie vom Radio aufnahm.

Im Herbst 1985 war auch wieder ein Song von Depeche Mode dabei: It’s Called a Heart.

Der letztgenannte Song war eine weitere Single, ohne den Status der Band entscheidend zu verändern. Ganz im Gegensatz zu People Are People, der im Jahr zuvor für viele Jugendliche eine Signalwirkung gehabt hatte.

So berichteten mir auch Martin und Tommy, die Betreiber der Schweizer DM-Fanpage:

»Aufgefallen ist mir die Band zuerst auf einem TV-Musiksender mit People Are People im Jahr 1984«, sagte Martin. »Durch meinen etwas älteren Bruder kam ich 1987 ‚zwangsläufig‘ in den Genuss des Albums Music For The Masses.

Ich war total begeistert, insbesondere als ich mir in der Folge das vorangegangene Album Black Celebration kaufte. Fasziniert von diesem Synthie-Sound und der Coolness der Band wurde ich mit knapp fünfzehn Jahren zum Depeche Mode-Fan.«

»Erstmals hörte und sah ich die Band im April 1984 in der ARD-Sendung Formel Eins«, erinnerte sich Tommy.

»Danach besuchte ich kurze Zeit später das Konzert in der Basler St. Jakobshalle (Nov. 1984; erster DM-Gig in der Schweiz). So richtig los mit dem Fansein ging es aber erst 1986.«

Forced To Mode, eine begnadete DM-Coverband, deren Mitglieder aus dem Osten unseres Landes stammen, berichteten mir ganz Ähnliches:

»Matthias Kahra (Gitarre) und Thomas Schernikau (Keys, Vox) haben DM bereits 1984 durch den Titelsong für die ARD-Berichterstattung der Olympischen Spiele erstmals bewusst wahrgenommen.«

Auch für mich war die Band damals noch totales Neuland gewesen, dabei gab es sie bereits seit 1980.

Während dieser Zeit hatten sie ihren Musikstil, ihr Image und sogar ihr Personal verändert.

Laugh and play

Nordöstlich von London gelegen, ungefähr vierzig Kilometer davon entfernt, bot der Ort Basildon seinen Einwohnern wohl einen besonderen Nährboden – zumindest in kreativer und kultureller Hinsicht.

Diese englische Trabantenstadt in der Grafschaft Essex wurde nach dem Zweiten Weltkrieg angelegt, um Leute aus dem überfüllten East End Londons mit attraktiven Job- und Wohnangeboten dorthin zu locken. Dass in den frühen 80ern derart viele Musikschaffende aus ihr hervorgingen, kann rational betrachtet kein Zufall sein. Einige von ihnen erlangten sogar Weltruhm.

Martin Gore, Songwriter von Depeche Mode:
„Es gab keine alten Gebäude, alles war ziemlich neu. Und da es dort nicht viel zu tun gab, probierten wir Jugendlichen uns ständig in kreativen Dingen aus. Es entsprang wohl unserem Wunsch, diesem Ort schnell zu entfliehen.“

Neben den Protagonisten von Depeche Mode, denen sich dieses Buch widmet, wären besonders auch folgende Musiker Basildons zu nennen: Alison Moyet, ab 1982 Sängerin von Yazoo, und Perry Bamonte, späterer Gitarrist von The Cure. Perry spielte auch mit Vince Clarke (Gründungsmitglied von DM) bei The Plan und mit Robert Marlow in der Band Film Noir.

Marlow gehörte zum engeren Freundeskreis einiger Mitglieder von DM. Vince und Fletch kannte er bereits als Kind, als sie zusammen bei den Pfadfindern waren. Mit Alison Moyet hatte er zuvor in der Punkband The Vandals gespielt. Es existierte eine Vielzahl an Bands, die ihre Mitglieder stets untereinander tauschten und sich unterstützten, da sie sich ohnehin meist von der Schule oder einem der wenigen Clubs her kannten.

Überall starteten Jugendliche in den späten 70er Jahren ihr gemeinsames Musikprojekt, oft durch die aktuelle Punkwelle oder auch die traditionelleren Rockgruppen der 60er beeinflusst.

Anstatt mit den neuartigen Synthesizern zu experimentieren, schien eine dieser Gruppen mit nur zwei Gitarren auszukommen. So geschehen anno 1977, also ungefähr drei Jahre bevor Depeche Mode erstmalig in Erscheinung treten sollte.

Im beschaulichen Arbeiterstädtchen vor den Toren Londons, das im jugendlichen Jargon nur „Bas“ hieß, formte sich eine Band, der erst nach ihrem Ende ein gewisser Nachruhm vergönnt war.

Phil Burdett, mit dem ich gesprochen habe, erzählte mir, dass sich Norman & The Worms in der Schule gegründet hatten. Er ging auch zur Nicholas Comprehensive School, wie Martin Gore, dessen allererste Band es war.

„Ich kannte Martin, Vince und Fletch von der Schule. Dave besuchte eine andere. Ihn habe ich nur ein paar Mal getroffen. Für mich sah er ein bisschen aus wie ein Soulboy (Jugendszene, die tanzbare Soulmusik bevorzugte).

Martin und ich haben in seinem Schlafzimmer im Haus seiner Eltern Gitarre gespielt – uns langweilte es, die Sachen anderer Leute zu covern, also schrieben wir unsere eigenen. Die Band bestand ursprünglich nur aus mir und ihm, aber für ein paar der letzten Gigs haben wir einen Bass und ein Schlagzeug dazubekommen.

Wir haben in der Schule oder im Towngate Theatre geprobt. Norman & The Worms war der dümmste Name, der uns eingefallen ist. Norman war meine Gitarre, wir beide die Worms. Im Grunde waren wir eine Art betrunkenes, verstörendes Country-Duo. Ziemlich exklusiv.“

„Ich habe Martin ein paar Akkorde gezeigt, er hat sie ziemlich schnell aufgegriffen. Wir hatten keinen Drumcomputer, nur wir beide und zwei E-Gitarren. Dazu sehr billige Mikrofone.“

„Martin mochte viele verschiedene Musik, ich weiß nicht, worauf seine Entwicklung zurückzuführen ist. Ich rackere mich damit ab, jährlich ein Album und das eine oder andere Buch mit Gedichten herauszubringen. Vor Jahren hat er mal einen meiner Gigs im The Mean Fiddler, einer Musikkneipe in London, besucht.

Ich bin immer irgendwie bei mir geblieben. Lieber schaue ich nach vorne als zurück. Und ich bin mir sicher, dass Martin Besseres zu tun hat, als sich mit mir zu treffen.“

„Die Worms hatten recht wenige Gigs, fünf oder sechs vielleicht. Oft waren es Veranstaltungen mit mehreren Bands. Die Punks im Publikum waren wirklich etwas verwirrt, als sie uns sahen. Aus gutem Grund, um fair zu sein.“


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