Das idyllische Leben auf dem Land entlarvt Juli Zeh in ihrem großen Gesellschaftsroman als verlogenen Alptraum: Und ganz nebenbei werden hier auch noch die großen Fragen unserer Zeit verhandelt. Das Hörbuch dazu ist fulminant und fesselnd.
Im fiktiven Örtchen Unterleuten brodelt der Mikrokosmos unserer Zeit: Gestresste Städter erhoffen sich dort authentisches Leben und echte Menschen. Doch die Dorfbewohner sind eben keine Statisten: Als eine Investmentfirma dort einen Windpark errichten will, treten alte Streitigkeiten zu Tage und der Konflikt zwischen den Neuankömmlingen und den „Alten“ eskaliert.
Die Autorin Juli Zeh weiß als promovierte Juristin und scharfsichtige Kommentatorin der politischen Ereignisse, wie sich Krimihandlung und Zeitgeschehen miteinander verzahnen lässt und sie tut es in „Unterleuten“ brillant. Ein Roman samt überzeugenden Figuren, die in wechselnden Perspektiven dargestellt werden und somit selbsterklärend dastehen – ohne dass Zeh irgendetwas erklärt.
Und so entfaltet sich anhand des „Unterleuten“-Personals ein Bild unserer Zeit, denn es geht um drängende Themen wie die Energiewende, den Klimawandel, die Digitalisierung, die Fremdenfeindlichkeit, die Vereinsamung oder den Osten und Westen Deutschlands. Und der Roman zeigt vor allem, wie sich die Filterblasen und die gespaltenen Gesellschaften entwickeln können, wenn es heißt:
„Wenn ich in Unterleuten eins gelernt habe, dann dass jeder Mensch ein eigenes Universum bewohnt, in dem er von morgens bis abends recht hat“.
Zeh kennt sich aus im Dörflichen, zog sie doch von Leipzig in ein Dorf in Brandenburg mit 300 Einwohnern. Sie kennt also den Tratsch, den „Dorf-Funk“, der Dinge ins Rollen bringt, die böse enden können:
Trailer zu „Unterleuten“
Auf sechs CDs und mit einer Gesamtlänge von fünf Stunden und 10 Minuten wurde dieser großartige Roman mit wunderbaren Sprechern als Hörspielserie realisiert, in die man nur allzu gerne abtaucht. Zu hören sind unter anderem Axel Prahl, Udo Wachtveitl, Jördis Triebel oder Ulrike Krumbiegel.
In der ZDF-Fernsehserie wird Unterleuten-Bevölkerung von hochkarätigen Schauspielern dargestellt: unter anderem sind Bjarne Mädel („Der Tatortreiniger“), Miriam Stein, )Ulrich Noethen oder Charly Hübner dabei.
Um eine gute Übersicht auf Dorf und Einwohner zu erhalten hat der Buchverlag btb übrigens einen Plan der Häuser, Bewohner und Hauptthemen gebastelt, Zum Stichwort Dorf-Funk heißt es dort: „findet ständig statt und besitzt hohe Glaubwürdigkeit, obwohl er in Wahrheit keine Ahnung hat„. Eigentlich auch eine schöne Beschreibung zu den permanenten Posts in den Sozialen Netzwerken.