Von wegen Radiomusik. Mit „Hygiene“ gelingt Drug Church ein unglaublich ansprechendes und energiegeladenes Album.
Die Songs der Band schwelgen in klanglichen Widersprüchen und kombinieren nahtlos erdrückende Aggression mit unkaputtbaren Hooks, während die Texte die Dunkelheit und das Unbehagen des Lebens mit sardonischem Witz und ohne Verurteilung erkunden. Auf „Hygiene“, ihrem bevorstehenden vierten Album, sind Drug Church so kompromisslos wie eh und je. Das Ergebnis sind ihre bisher kühnsten Songs. Mit jeder weiteren Veröffentlichung haben Drug Church – Sänger Patrick Kindlon, die Gitarristen Nick Cogan und Cory Galusha, Bassist Pat Wynne und Schlagzeuger Chris Villeneuve – die scheinbar widerspenstigen Elemente ihres Sounds weiter und weiter vorangetrieben. Während das von der Kritik gefeierte Album „Cheer“ von 2018 mehr Melodie in die brennende Musik der Band brachte, verdoppelt „Hygiene“ die Anzahl der Songs, ohne dabei auch nur einen Hauch von Biss zu verlieren. „Manchmal sage ich, dass wir Radiomusik machen, die nicht im Radio gespielt werden kann“, lacht Kindlon. „ich denke, sie ist sympathisch, aber sie ist auch nicht für den Massengeschmack gemacht.“ Die mit Produzent Jon Markson aufgenommene und nur 26 Minuten lange Platte macht überdeutlich, dass sich Drug Church nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen wollen. In zehn auffallend dynamischen Songs wechseln Cogan und Galusha zwischen massiven Riffs und einigen der unerwartetsten melodischen Gitarrenspiele, die es in Drug Chuchs Musik je gegeben hat, während Villeneuves und Wynnes Rhythmusgruppe unermüdlich den Boden schüttelt. Das Hardcore-Fundament der Band sorgt immer noch für jede Menge Energie, aber sogar Kindlons charakteristisches Gebrüll hat eine melodiöse Wendung genommen, mit mehrschichtigem Gesang, rauen Harmonien und Kadenzen, die so eingängig sind, dass die Hörer schon nach dem ersten Hören mitschreien.
In der Eröffnungssalve von Hygiene, „Fun’s Over“, einem weniger als zwei Minuten dauernden, stampfenden Punk-Song, und „Super Saturated“, einem gewaltigen Rocksong, der von einem der atemberaubendsten Riffs des Albums angeführt wird, warnt Kindlon vor der Verlockung, die eigene Kunst um des Erfolges willen zu kompromittieren, stößt sich aber auch an der Idee, dass Kunst von einer perfekten Person gemacht wird. In „Piss & Quiet“ lehnt er die Rolle des Künstlers als aussagekräftiges Sprachrohr schnell ab. „Man kann viel aus einem Song herausholen, man kann viel aus der Musik herausholen, aber man kann nicht zur Musik gehen, um die Antworten im Leben zu finden“, sagt Kindlon. Und obwohl dies eine Art Rückzug suggerieren könnte, wäre es keine Drug-Church-Platte ohne mehr Nuancen als das. Dies wird auf „Detective Lieutenant“ deutlich, einem Highlight in der Mitte des Albums, auf dem Kindlon die untrennbare Verbindung zwischen der Kunst und der dahinterstehenden Person untersucht. „Meine Beziehung zu einem Song ist der Song, Punkt“, erklärt er. „Wenn ich mir ein Kunstwerk ansehe und es mich bereichert hat, fällt es mir schwer, mich um etwas anderes zu kümmern.“ Es ist vielleicht der schönste Song, den Drug Church je geschrieben haben, mit eingeflochtenen, flirrenden Gitarren, die sich zu Kindlons explosivem Refrain aufbauen: „We don’t toss away what we love!“ Obwohl sich ein klarer Standpunkt durch „Hygiene“ zieht, sind Drug Church hier, um zu bewegen und nicht um zu belehren. In „Premium Offer“ weist Kindlon direkt den Wunsch zurück, das Leben anderer zu diktieren. Unterstützt wird er dabei von Carina Zachary von Husbandry. „Es ist ein sinnloses Unterfangen, Leute in dein Leben zu lassen, die dir nur sagen, wie du dein Leben führen sollst“, sagt Kindlon. „Viele Leute würden dir sagen, wie du leben sollst, aber es ist ihnen eigentlich egal, ob du lebst oder nicht.“ Stattdessen scheint sich Kindlon mit der begrenzten Zeit zu beschäftigen, die wir haben, und damit, wie wir sie am besten verbringen. Tracks wie „Plucked“, „Tiresome“ oder das kolossale Highlight „Million Miles of Fun“ zeugen von der Weigerung, sich in inhärent kaputte politische Konstrukte, Selbstmitleid oder die endlose Flut an nutzlosen Informationen zu verwickeln, die ständig auf uns einprasselt. „Wenn man älter wird, merkt man, dass man eine Menge Zeit verschwendet hat“, sagt er. „Man hat sich um dummes Zeug gekümmert, und wenn man das merkt, hat man immer weniger Zeit.“
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