Die „Godmother of Punk“ Patti Smith wird im kommenden Jahr 80 Jahre alt. Und kommt noch einmal mit ihren Songs auf Tour. Hier die wichtigsten Stationen und besten Songs ihrer langen Karriere.
Patti Smith ist vieles zugleich: Musikerin, Dichterin, Aktivistin und Schriftstellerin. Seit den 1970er-Jahren gilt sie als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Popkultur, deren Werk weit über Musik hinausreicht. Mit einer einzigartigen Mischung aus Rock, Poesie und politischem Bewusstsein prägte sie nicht nur das Genre Punk entscheidend mit, sondern wurde zu einer kulturellen Leitfigur mehrerer Generationen.
Ihren bekanntesten Hit schrieb sie gemeinsam mit Bruce Springsteen: „Because The Night“ ist längst ein Klassiker der Rockgeschichte. Dabei lohnt es sich, ihr gesamtes Werk zu entdecken, das viele Facetten der Künstlerin zeigt.
Frühe Jahre: Literatur statt Mainstream
Patricia Lee Smith wird am 30. Dezember 1946 in Chicago geboren und wächst in einfachen Verhältnissen in South Jersey auf. Schon früh entdeckt sie ihre Liebe zu Literatur und Kunst. Die Werke von Arthur Rimbaud, William Blake oder Jean Genet sind prägend für ihr Denken, ihre Sprache und später auch für ihre Musik. Nach einem kurzen Studium und verschiedenen Gelegenheitsjobs zieht sie 1967 nach New York – ein Wendepunkt in ihrem Leben.
Dort bewegt sie sich schnell in den Kreisen von Künstler:innen, Intellektuellen und Außenseitern. Sie lernt sie den Fotografen Robert Mapplethorpe kennen, der ihr engster Vertrauter und künstlerischer Partner wird. Ihre intensive Beziehung hält auch über die Jahre hinweg, trotz unterschiedlicher Lebenswege.
Diese Zeit dokumentiert Smith später in ihrem autobiografischen Bestseller „Just Kids“, ein bewegendes Porträt über Liebe, Freundschaft und das Streben nach Kunst in einem New York der Vor-Gentrifizierung.
Aufstieg zur Punk-Ikone
1974 gründet sie gemeinsam mit Lenny Kaye, Ivan Kral, Jay Dee Daugherty und Richard Sohl die Patti Smith Group. 1975 erscheint ihr Debütalbum Horses, produziert von John Cale (The Velvet Underground). Schon das ikonische Coverfoto von Mapplethorpe – Patti Smith im weißen Hemd, mit locker übergeworfenem Sakko und durchdringendem Blick – bricht mit sämtlichen Geschlechterklischees der Popwelt. Die Musik ist roh, poetisch, wild und gleichzeitig durchzogen von einer tiefen literarischen Sensibilität. Tracks wie „Gloria“ oder „Land“ verbinden Spoken Word mit Rock und schaffen einen völlig neuen Sound.
Smiths Auftritte sind mehr Performance als Konzert, durchtränkt von politischer Haltung und künstlerischem Anspruch. Sie gilt schnell als „Godmother of Punk“ – nicht, weil sie sich diesem Label bewusst anschließt, sondern weil sie ihn mit Leben füllt. Anders als viele ihrer männlichen Kollegen steht Smith nicht für Selbstzerstörung, sondern für Selbstbestimmung.
Rückzug und Comeback
Nach einer intensiven und produktiven Phase in den späten 70er-Jahren zieht sich Patti Smith Anfang der 80er weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Sie heiratet Fred „Sonic“ Smith, den Gitarristen der MC5, zieht nach Detroit und widmet sich ihrer Familie. Diese Zeit ist geprägt von innerer Einkehr, fernab des Rampenlichts. 1988 veröffentlichen die beiden Eheleute gemeinsam das fantastische Album „Dream Of Life“ mit dem vielleicht größten Protestlied aller Zeiten: „People Have The Power“.
Nach dem Tod ihres Mannes 1994 kehrt Smith zurück in die Öffentlichkeit. Ihr Album Gone Again (1996) verarbeitet Verlust, Schmerz und Wiederaufbruch. In den folgenden Jahren veröffentlicht sie neue Musik, geht wieder auf Tour und wird zunehmend auch als Autorin wahrgenommen.
Literarisches Werk und politisches Engagement
Smiths literarische Werke sind so bedeutend wie ihre Musik. Neben Just Kids (2010) veröffentlicht sie Bücher wie M Train (2015), Year of the Monkey (2019) und demnächst Bread of Angels (2025). Darin verarbeitet sie persönliche Verluste, das Älterwerden, gesellschaftliche Entwicklungen und den eigenen Schaffensprozess, immer mit einem unverwechselbar poetischen Stil.
Ihre Texte und Reden sind oft durchzogen von politischer Haltung. Smith engagiert sich für Menschenrechte, Umweltfragen und gegen soziale Ungerechtigkeit. 2016 etwa sorgt ihr Auftritt bei der Verleihung des Literaturnobelpreises an Bob Dylan für Gänsehaut, als sie inmitten von Nervosität und Emotion Dylans „A Hard Rain’s A-Gonna Fall“ interpretiert.
Einfluss und Vermächtnis
Patti Smith wurde 2007 in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Légion d’honneur in Frankreich und den Polar Music Prize in Schweden. Ihr Einfluss reicht von Künstler:innen wie Michael Stipe (R.E.M.) oder PJ Harvey bis hin zu jüngeren Acts wie Angel Olsen oder Mitski. Auch in der Mode- und Kunstwelt ist ihr Einfluss spürbar, als feministische Ikone, die sich nie vereinnahmen ließ und Generationen geprägt hat.
Patti Smith heute
Auch jenseits der 70 bleibt Patti Smith künstlerisch aktiv. Ihre Konzerte ziehen ein generationsübergreifendes Publikum an, das weniger an Rocknostalgie interessiert ist als an einer echten Auseinandersetzung mit Kunst, Geschichte und Gegenwart. In ihren Live-Shows kombiniert sie alte Klassiker mit neuen Texten, liest Gedichte, erzählt Geschichten, greift zur Gitarre oder improvisiert mit ihrer Band. Dabei entsteht eine Atmosphäre, die mehr mit Theater oder Performance zu tun hat als mit einem klassischen Rockkonzert.
2025 wird ein neues Buch mit dem Titel „Bread of Angels“ erscheinen. Es soll stärker auf ihre Jahre in Detroit fokussieren, die bisher nur am Rand beleuchtet wurden. Außerdem geht sie noch einmal auf große Tour.
Patti Smith auf Tour
- 01.07.2025 MAINZ, Zitadelle Mainz - Open Air Tickets
- 02.07.2025 STUTTGART, BÜRGER Freilichtbühne Killesberg Tickets
- 09.07.2025 HAMBURG, Stadtpark Open Air Tickets
- 11.07.2025 BERLIN, Zitadelle Spandau Tickets
- 14.07.2025 MÜNCHEN, Tollwood Sommerfestival - Musik Arena Tickets
- 15.07.2025 KULMBACH, Plassenburg Kulmbach Tickets
- 17.07.2025 DRESDEN, Freilichtbühne Großer Garten JUNGE GARDE Tickets
- 25.07.2025 KÖLN, Roncalliplatz Tickets
Die besten Songs von Patti Smith
10. Free Money
Der ewige Traum: „money for nothing“ wurde von Patti Smith bereits auf ihrem Debütalbum „Horses“ besungen.
9. When Doves Cry
Patti Smith gilt auch als Meisterin des Covers, wie sie mit dieser Coverversion eines der besten Prince Songs beweist.
8. Summer Cannibals
Mit „Summer Cannibals“ landete sie auf ihrem Album „Gone Again“ von 1996 noch einmal einen Volltreffer.
7. Gloria (In Excelsis Deo)
Im Opener des Debüts „Horses“ improvisiert Patti Smith frei über das Thema des Van Morrisson Songs „Gloria“ und prägt damit ihren ganz eigenen Stil. Der Song gehört heute in den Canon der bedeutendsten Rocksongs aller Zeiten.
6. We Three
Freigeist Patti Smith hatte in ihrem Leben zahlreiche Liebhaber, überwiegend in der New Yorker Musikerszene und hielt nicht viel von Monogamie. Dieses Thema besingt sie auch in „We Three“.
5. Dancing Barefoot
Noch so ein ikonischer Song, der heute noch die Menschen auf die Tanzfläche holt und der mit einfachsten Mitteln ein Lebensgefühl transportiert.
4. Elegie
Berühmt ist Patti Smith für ihre Uptempo-Nummern, dabei sind vor allem ihre Balladen gefühlvolle Meisterwerke.
3. Frederick
Einer der größten Hits von Patti Smith ist der Liebe ihres Lebens gewidmet, Fred „Sonic“ Smith von der New Yorker Band MC5, den sie im Jahr 1980 heiratete, mit dem sie zwei Kinder bekam und der 1994 nach einem Herzinfarkt starb.
„Frederick, you′re the one
As we journey from sun to sun
All the dreams I waited so long for
Fly tonight so long, so long“
2. People Have The Power
Nach acht Jahren Auszeit, in der sie sich um ihre Kinder kümmerte, kehrte Patti Smith 1988 zurück ins Musikbusiness und schrieb mit „People Have The Power“ einen Song, der heute noch als einer der wichtigsten Protestsongs unserer Zeit gilt. Das emotionale Highlight als Zugabe auf jedem Patti Smith-Konzert.
1. Because The Night
Dieser Song machte Patti Smith auf einen Schlag weltberühmt, obwohl er gar nicht von ihr selbst geschrieben wurde, sondern von Bruce Springsteen. Beide arbeiteten zur gleichen Zeit in einem New Yorker Studio mit dem Produzenten Jimmy Iovine. Springsteen tat sich schwer mit den Lyrics und erklärte sich bereit, den Song an Patti Smith zu geben, die dringend einen Hit brauchte, um ihr Studio bezahlen zu können. Und so bescherte „Because The Night“ der jungen Wilden den großen Durchbruch in den Mainstream und ermöglichte ihr eine Karriere als unabhängige Künstlerin, die bis heute andauert.
„Take me now, baby, here as I am
Pull me close, try and understand
Desire is hunger is the fire I breathe
Love is a banquet on which we feed“
Patti Smith Diskografie
Studioalben
Horses (1975)
Das Debütalbum und ein Meilenstein des Punk – produziert von John Cale.
Radio Ethiopia (1976)
Experimenteller, rauer – und kontroverser – Nachfolger mit dichterem Sound.
Easter (1978)
Kommerzieller Durchbruch mit dem Hit Because the Night (geschrieben mit Bruce Springsteen).
Wave (1979)
Eingängiger, melodischer und produziert von Todd Rundgren.
Dream of Life (1988)
Erstes Album nach ihrer Rückkehr, mit dem Klassiker People Have the Power.
Gone Again (1996)
Dunkel, introspektiv – verarbeitet persönliche Verluste, darunter der Tod von Fred „Sonic“ Smith.
Peace and Noise (1997)
Politisch und poetisch, mit dem intensiven Track 1959.
Gung Ho (2000)
Kritische Auseinandersetzung mit Globalisierung, Geschichte und Aktivismus.
Trampin’ (2004)
Ihr erstes Album auf Columbia Records, mit mehr Gospel- und Americana-Einflüssen.
Banga (2012)
Vielschichtiges Spätwerk über Reisen, Erinnerung und Kunst, mit einer Hommage an Amy Winehouse (This Is the Girl).
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