Nach dem unglaublichen Erfolg von „Bohemian Rhapsody“ kommt nun der nächste Film über einen schwulen Rockstar in die Kinos. „Rocketman“ ist ein Musical über die bewegte Karriere Elton Johns und spart auf ausdrücklichen Wunsch des exzentrischen Songwriters nichts aus.
In einem Artikel für den Guardian beschreibt John seine Mitwirkung an „Rocketman“ so:
„Ich machte einige Vorschläge, sagte ja oder nein bei ein paar wichtigen Entscheidungen und traf mich zwei- oder dreimal mit Taron Egerton, der mich spielt. Aber sonst habe ich mich von „Rocketman“ ferngehalten und meinen Mann David (Furnish) meine Augen und Ohren am Set sein lassen. Ich wusste, es wäre für alle unangenehm, die Person am Set zu haben, um die es im Film geht.“
Es muss in der Tat seltsam sein, wenn ein anderer das eigene Leben nachspielt, jemand der außerdem noch viel jünger ist. Trotzdem war es Elton John wichtig, dass Egerton ihn nicht nur verkörpern, sondern auch seine Songs singen konnte:
„Ich wusste, dass Taron der richtige Mann war, als ich ihn singen „Don’t Let The Sun Go Down“ singen hörte. Ich fand es wirklich wichtig, dass derjenige, der mich spielen würde, nicht nur lipsynct. Ich wollte, dass er die Songs auch singen kann und Taron hatte im Animationsfilm „Sing“ den Song „I’m Still Standing“ brilliant gesungen.“
„Rocketman“ arbeitet mit den Mitteln des Musicals das wilde Leben von Elton John auf. Von der unglücklichen Kindheit in einem Londoner Vorort, wo sich der kleine Reggie in die Musik flüchtet und als Naturtalent erweist bis zum raketenhaften Aufstieg in den USA als einer der kommerziell erfolgreichsten Solokünstler überhaupt.
ACT DES MONATS
Doch im Film geht es nicht nur um die märchenhafte Erfolgsstory von Elton John, sondern auch die zahlreichen Tiefschläge: wie er am Anfang seiner Karriere gemeinsam mit seinem Co-Songwriter Bernie Taupin in einem Doppelstockbett im Haus seiner Mutter schlafen musste, weil sie sich keine Miete leisten konnten oder wie er später mehrfach wegen teils massiven Drogenmissbrauchs zur Entziehungskur musste. Und natürlich von seinem ersten Sex mit seinem damaligen Manager. „Sie wollten das alles aus dem Film rauslassen, aber ich habe nunmal kein jugendfreies Leben gehabt“.
Und es geht natürlich auch um die enge Beziehung zu seinem Texter Bernie Taupin (gespielt von „Billy Elliot“-Star Jamie Bell), mit dem er fast alle seine Hits zusammen schrieb:
„Wir wurden zufällig zusammengeworfen. Es gibt eine seltsame Verbindung zwischen uns – ich konnte einfach sofort Musik zu seinen Worten schreiben, ohne darüber nachzudenken – und diese Verbindung hat über 50 Jahre angehalten.“
Der Film ist ein furioser Ritt durch die 70er und 80er, pfeift auf die chronologische Aufbereitung seiner zahlreichen Hits, sondern setzt die Songs wie ein Musical rein dramaturgisch ein. Wer einen detailliert autobiografischen Film erwartet wird enttäuscht.
Regisseur Dexter Fletcher hat einen höchst unterhaltsamen Musik-Film produziert, der seinen Star nicht überhöht, sondern immer wieder mit Lust vom Sockel stößt. Dass Elton John so viel Selbstironie besitzt, sich als zutiefst unglücklichen, dicken schwulen Mann mit Haarausfall und Drogenproblem in Szene setzen zu lassen, dem das Leben zunehmend entgleitet, ist vielleicht eine seiner größten Qualitäten. Das Drehbuch eignet sich aufgrund des mitreißenden Soundtracks dennoch auch für die großen Musicalbühnen.
Hauptdarsteller Taron Egerton singt alle Songs selbst und das ist vielleicht das größte Problem des Films: die Hits klingen in seiner Version flach und austauschbar, wie Karaokeversionen der Originale. Es ist eben noch kein Rocketman vom Himmel gefallen.
Kritiken zu „Rocketman“
„‚Rocketman‘ ist ein schillerndes, fantastisches, von Pailletten durchtränktes Spektakel, das dem trostlosen und zerstörerischen Tribut, der aus einem Leben in uneingeschränktem Übermaß resultiert, klugerweise gegenübersteht.“ (Doug Jamieson, The Jam Report)
„Rocketman schafft es, kampflustig und doch aufrichtig, ernst und doch lächerlich, tiefgründig und doch albern und ganz wunderbar zu sein. Genau wie Elton.“ (Richard Roeper, Chicago Sun-Times)
„Es könnte eine Showbiz-Biografie kommen, die ‚Rocketman‘ in Bezug auf Witz, Energie, Charme, Offenheit und schamlosen Überschwang entspricht. But I think it’s gonna be a long, long time.“ (Matthew Norman, London Evening Standard)
„Rocketman“ kommt am 30. Mai 2019 ins Kino.