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Ein Biest von einer Autobiografie: Das Beastie Boys Buch

2012 verstarb Adam Yauch und damit waren auch die Beastie Boys Geschichte: Die beiden verbliebenen Bandmitglieder Michael „Mike D“ Diamond und Adam „Ad-Rock“ Horovitz haben nun in einem fulminanten Buch die Geschichte der einflussreichen Gruppe erzählt.

Dass eine Band wie die Beastie Boys keine langweiligen Memoiren vorlegt, überrascht wenig: Doch wie anders und innovativ ihre Autobiographie letztendlich geworden ist, überrascht dann auf originelle Art und Weise doch: Das „Beastie Boys Buch“ ist ein auf 572 Seiten und in Hardcover gebundenes Wunderwerk aus bunten Comics, raren Fotoaufnahmen, unterhaltsamen Anekdoten, disparaten Erinnerungen – auch von prominenten Weggefährten wie zum Beispiel Wes Anderson oder Spike Jonze und ja, auch einem integrierten Kochbuch von Roy Choi und Mixtape Playlists.

Diamond und Horovitz erzählen die Bandgeschichte in kurzen Episoden, die mit skurrilen und situativen Storys aufwarten – fast so als sei ihr Leben auch ein Rapsong voller Wendungen, Breaks und überraschenden Einflüssen. Dabei ist ihre Geschichte am Ende doch so etwas wie ein klassischer Bildungsroman, denn die Mitglieder wandelten sich von anfänglich machohaften Prolls hin zu smarten Musikern, die den Hio-Hop maßgeblich beeinflussten und geradezu revolutionierten.

Im Buch kommt so auch eine Reflektion über das eigene Ich zum Tragen, beispielsweise entschuldigen sich die beiden bei diversen Frauen, die sie ungerecht behandelt haben. „It seemed funny at the time“ – so einer der Sätze, der damaliges Fehlverhalten thematisiert und kritisiert. Aber die beiden lassen eben auch andere zu Wort kommen, sie stilisieren sich damit nicht als Hüter ihrer eigenen Erinnerung: Kate Schellenbach spielte anfangs Schlagzeug bei den Beastie Boys, wurde aber aus Imagegründen und auf Betreiben von Rick Rubin (Produzent des Debüts „Licensed To Ill“) hinausgeworfen. Sie erzählt im Buch ihre Sichtweise im bezeichnenden Kapitel „The Girl In The Band oder Ihr und euer aufblasbarer Penis könnt mich mal“. Sie sagt darin:

„Dass sich die einstigen Nerds, die mich oder andere Mädchen nie auf Sex reduziert hatten, nun plötzlich als echte Arschlöcher präsentierten, wollte mir nicht in den Kopf“.

Die Episode hat ein Happy End, irgendwann fanden die einstigen Punk-Underground-Freunde wieder zusammen, Schellenbach spielte in der von den Beasties unterstützten Girlband Luscious Jackson und rappten 1994 in „Sure Shot“: „I want to say something that’s long overdue / The disrespect to woman has got to be throuh“. Eine klassische Entwicklungsgeschichte also.

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Und auch musikalisch entwickelte sich die Band nach ihrem „Fight For Your Right To Party“-Image weiter, veröffentlichte 1989 ihr Sample-Meisterwerk „Paul’s Boutique“ und 1992 mit „Check Your Head“ ein Album, das bis heute als Meilenstein des Hip-Hop gilt. Sie spielten alle Instrumente selbst ein, bastelten Samples und Slogans, Geräusche sowie Geschwätz ein und unterlegten alles mit einem rumpelnden Rap-Rock, der seinesgleichen suchte. Angesichts der Sample-Orgie, die auch dieses fette Monster von einem Buch ist, liest man es wie das musikalische Werk der Beastie Boys: Man springt von Kapitel zu Kapitel, bekommt Lust sich die darin erwähnten Songs wie „Funky Boss“ oder „So Wachtca Want“ anzuhören, um sich dann amüsiert Kapiteln zuzuwenden, die Titel tragen wie: „Der Sommer von Os Mutantes“, „Küsst den Affen auf die Nase“ oder „Halloween mit Lee „Scratch“ Perry“.

Das Buch ist ein Vermächtnis für und eine Vorbeugung vor dem viel zu früh an Krebs verstorbenen Adam Yauch geworden: Weit davon entfernt, eine Selbstbeweihräucherung und Selbstschau zu sein, ist das „Beastie Boys Buch“ ein mit Humor, Hirn und Herz zusammengebasteltes visuelles Album, das man nur allzu gerne Seite für Seite, Bild für Bild, Sample für Sample, erkundet.

Und dabei bleiben auch einige Weisheiten zum Leben hängen wie diese hier, die Horovitz im Kapitel „Der letzte Auftritt“ von sich gibt:

„Im Leben schließt sich der Kreis eigentlich nie richtig. Manchmal wird so etwas wie ein Sechseck daraus, aber meistens ist alles irgendwie schief und krumm, wie von einem Kleinkind mit Wachsmalstiften hingeschludert. Ein paar rote Fäden gibt’s schon, klar. Yauch+ich+Mike waren immer noch zusammen“.

Und in ihrer Musik bleiben sie das auch.

„Beastie Boys Buch“, 572 Seiten, November 2018, erschienen im Verlag Heyne-Hardcore.