Routinierte, aber rentenferne Punk-Profis am Werk: Die Ärzte sind nach achtjähriger Pause mit neuen einoperierten Ohrwürmern zurück, Hell yeah!
Video: Die Ärzte – Morgens Pauken *
Es beginnt mit einem elektronischen Trap-Song samt Autotune-Stimme von Farin Urlaub: „E.V.J.M.F.“ macht sich über dieses Genre lustig, aber gleich im nächsten Track wird fröhlich im Rumpelrock gewildert und „Plan B“ klaut frech den Gitarrenriff von Billy Idols „Dancing With Myself“. Ironie ist also wieder der Plan A im mittlerweile 13. Album der Ärzte. So schreckt die Band auch nicht davor zurück, von sich selbst zu klauen, denn „Das letzte Lied des Sommers“ klingt halt schon ziemlich sehr nach „Westerland“.
Video: Die Ärzte – True Romance
Musikalisch schütteln die Ärzte einen melodieverliebten Ohrwurm aus dem Ärmel: Hier sind routinierte, aber rentenferne Punk-Profis am Werk, die zwischen Bierzeltsound, Indie-Rock, Surfpop, Schlagerpop, Countryfolk, Reggaesound und Stadionkracher lässig hin und her wechseln.
Schlusspunkt des Albums ist der Track „Woodburger“, der die bislang spielerisch mühelos zwischen albern, anarchisch und anspruchsvoll pendelnden Texte mit einem eher ärgerlichen Ansatz politischer Kritik verbindet: Darin soll die AFD schwul gemacht werden, damit dann was passiert? Untermalt mit Softpornosound soll das die Braunen wohl rosa werden lassen, doch die Idee jemanden „schwul zu machen“ ist einfach in jeder Hinsicht nur bescheuert.
Video: Die Ärzte – Woodburger
Die Wut und die Energie am Anfang des Tracks weicht also diesem „Hihi-Schwul“-Break, aber man kann diesen Moment allerdings auch als die immer noch schlagenden Teenie-Herzen bei Farin Urlaub, Bela B. und Rodrigo González hören. Selbstironie und Selbstbewusstsein sind hier mit sprudelndem Spaß verbunden, wie es sich eben für die „beste Band der Welt“ gehört.
* Das aufwendig produzierte Video „Morgens Pauken“ von Norbert Heitger enthält übrigens zahlreiche Anspielungen auf die Karriere von Die Ärzte. Fan Ben Höxti hat auf Youtube eine Liste veröffentlicht:
ACT DES MONATS
- Farins Römerkostüm von dem Auftritt beim Musik Convoy in den 80ern
- Bela mit dem Schnauzbart und Vokuhila – genau so war er im Booklet der „Le Frisur“ zu sehen
- Der riesige Fisch als Werbetafel der abgerissen und geworfen wird – Plattencover der 1234 und 5678 Bullenstaat.
- Der Wohnwagen mit dem Holzzaun drumrum – Kulisse des M&F Video
- Die tanzenden Schulmädchen in Schuluniform – das unplugged Konzert
- Die Schrift auf dem Display auf dem roboterbauch „kill kill hurra“ – Anspielung zum einen auf den Song Hurra und auf „kill kill gaskrieg“ ein Pseudonym von farin das er für eine Veröffentlichung nutzte
- Die Ärzte hatten schonmal was wo ein Riese durch eine Stadt stapft und alles niederwalzt – das Trickfilmvideo zu Elke
- Das UFO am Ende – Anspielung auf den Song „Ausserirdische“
- Rods Mittelfinger am Anfang – wohohooo Arschloch!
- Die Bank heißt „Planet Bank“