Seit über 20 Jahren sind Rammstein mit ihren spektakulären Shows der musikalische Exportschlager Deutschlands. Die Songs der Ikonen der Neuen Deutschen Härte funktionieren wohl in jedem Land der Welt. Die jüngste Kontroverse zieht allerdings große Kreise.
Rammstein ist eine deutsche Band, die 1994 in Berlin gegründet wurde. Sie wird musikalisch zur Neuen Deutschen Härte gezählt und ist bekannt für ihren „brachialen“ Musikstil, den die Bandmitglieder zu Beginn ihrer Karriere selbst als „Tanzmetall“ bezeichneten. Rammstein ist international für den intensiven Einsatz von pyrotechnischen Elementen während ihrer Live-Shows bekannt. Die Band ist aufgrund ihrer stark polarisierenden Musikvideos, Liedtexte und Albumcover auch in der öffentlichen Wahrnehmung kontrovers.
Die besten Songs von Rammstein
10. Rammstein („Herzeleid“, 1995)
Kult-Regisseur David Lynch verwendete 1997 den Song „Rammstein“ in einer Schlüsselszene seines Films „Lost Highway“. Mit einem Schlag wurden Rammstein in den USA zum Inbegriff deutscher Rockmusik und starteten ihre internationale Karriere. David Lynch sagte, dass die Band ihm eine CD geschickt habe, weil sie wollten, dass er ein Video für sie dreht. Dass ihre Musik eine Hauptrolle in einem seiner besten Filme spielt, hätte die damals noch weithin unbekannte Band aus Berlin wohl nicht geglaubt.
9. Du riechst so gut („Herzeleid“, 1995)
Provokant-poetische Lyrics von Till Lindemann, hektische Keyboard-Synthies von Flake und dazu simples, hartes Riffing – die Debütsingle manifestierte bereits den Sound, den man auch zwanzig Jahre später noch von Rammstein kennt. Der Song wurde 1998 nach den ersten Chartserfolgen neu auf den Markt gebracht und entwickelte sich drei Jahre nach Erstveröffentlichung zum Hit.
8. Engel („Sehnsucht“, 1997)
Das „Wind Of Change“ von Rammstein. Trotz pfiffiger Melodie ist „Engel“ aber alles andere als beschwingt oder hoffnungsvoll, sondern artikuliert vielmehr Einsamkeit und Melancholie. Mit „Engel“ erreichten die Ex-Punks Rammstein erstmals Platz 3 in den deutschen Single Charts und wurden Mainstream. Im Refrain ist Sängerin Christiane Hebold von der Indieband Bobo In White Wooden Houses zu hören.
7. Feuer frei („Mutter“, 2001)
Wie „Links 2 3 4“ bedient sich „Feuer Frei“ deutschem Militärduktus, den Lindemann perfekt auszusprechen vermag. „Feuer Frei“ ist mit aufwendigem Pyroeinsatz eines der Highlights jedes Rammstein-Konzerts und war zudem Soundtrack des Films „Triple X – XXX“.
6. Ich will („Mutter“, 2001)
Die repetitiven Strophen und Fragen im Refrain („Seht ihr mich?“) machen „Ich Will“ zu einem energiegeladenen Live-Song, der nicht nur bei Konzerten in Deutschland die Kommunikation mit dem Publikum ermöglicht.
5. Keine Lust („Reise, Reise“, 2004)
Das Video zu „Keine Lust“, in dem sich die gealterten und krass übergewichtigen Rammstein-Mitglieder wieder treffen, um nochmal richtig zu rocken, war schon kurz nach Veröffentlichung Kult. Vielleicht weil sie auch zur damaligen Echo-Verleihung in ihren Fat-Suits erschienen.
4. Ich tu dir weh („Liebe ist für alle da“, 2009)
Unter anderem die explizit erklärten Sadomaso-Praktiken im Text von „Ich tu dir weh“ sorgten dafür, dass „Liebe ist für alle da“ von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften indiziert wurde. Der hymnische Refrain sollte allerdings niemandem verwehrt werden.
3. Sonne („Mutter“, 2001)
Eigentlich wurde „Sonne“ als Einlaufsong für die Klitschko-Brüder geschrieben, was die Aufzählung im Refrain als Paraphrasierung für das Anzählen eines Gegners erklärt. Auch wenn „Sonne“ als zu hart abgelehnt wurde, so entwickelte der Song sich als einer der erfolgreichsten in Rammsteins Vita.
2. Mein Herz brennt („Mutter“, 2001)
Wenn ein gruseliges Sandmännchen mit Led-Zeppelin-Kashmir-Streichern im Gepäck kleine Kinder anspricht, kann es fast nur Rammstein sein. „Mein Herz brennt“ ist ein epochales Meisterstück der Berliner.
1. Du hast („Sehnsucht“, 1997)
Die homophone Konjugation der Verben „haben“ und „hassen“ nutzt Lindemann in „Du hast“ für wortspielreiche, synthielastige Strophen, um dann in einem brachialen Refrain zu münden. „Du hast“ ist die Blaupause eines Rammstein-Songs: einfach, eingängig und knüppelhart.
Biografie Rammstein
Die Bandgeschichte von Rammstein begann bereits vor der offiziellen Gründung der Band im Jahr 1994. Richard Kruspe, Gitarrist der Band, war zu DDR-Zeiten in verschiedenen Bands aktiv. Nach der Wende spielte er kurzzeitig bei Das Auge Gottes, bevor er bei der Band First Arsch einstieg, wo er auf Till Lindemann traf, der dort Schlagzeug spielte.
Kruspe und Lindemann beschlossen, ein gemeinsames Bandprojekt zu starten und gründeten 1993 zusammen mit Oliver Riedel und Christoph Schneider die Band Tempelprayers. Sie begannen mit dem Komponieren von Songs im Stil von US-Metal-Bands wie Pantera und holten Till Lindemann als Sänger und Textschreiber dazu. Die Band begann mit englischsprachigen Texten, wechselte jedoch auf Deutsch auf Anregung der späteren Bandmitglieder Christian „Flake“ Lorenz und Paul Landers.
Die Bandmitglieder von Rammstein stießen nach und nach hinzu. Paul Landers, der bereits mit Schneider und Flake bei Feeling B zusammengespielt hatte, stieg als Rhythmusgitarrist ein. Flake Lorenz, der zunächst kritisch gegenüber dem neuen Bandprojekt eingestellt war, wurde schließlich das sechste Mitglied als Keyboarder. Der stilistische Einfluss von Feeling B auf Rammstein war erheblich, obwohl die Band konzeptionell anders ausgerichtet war. Rammstein begann in kleinen Clubs und vor wenig Publikum zu spielen.
Im Jahr 1994 bewarben sie sich erfolgreich beim Metrobeat Musikpoll und erhielten eine Förderung des Berliner Senats. Sie nahmen vier deutschsprachige Lieder auf, darunter „Rammstein“, das später auf ihrem Debütalbum „Herzeleid“ erschien. Im Jahr 1995 unterzeichnete Rammstein einen Plattenvertrag bei Motor Music und veröffentlichte im September desselben Jahres ihr erstes Album „Herzeleid“, das in den deutschen Albumcharts einstieg.
Das zweite Album der Band, „Sehnsucht“, wurde 1997 veröffentlicht und erreichte hohe Chartplatzierungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Rammstein erhielt internationale Aufmerksamkeit durch die Verwendung ihrer Lieder in Filmen wie „Lost Highway“ und „Mortal Kombat 2 – Annihilation“. Die Band unternahm ihre erste Headliner-Tour in den USA und spielte auf europäischen Festivals. Im Jahr 1999 veröffentlichten sie das Album „Live aus Berlin“ und traten bei den MTV Europe Music Awards auf.
Im Jahr 2001 veröffentlichte Rammstein das Album „Mutter“ und spielte auf Festivals in Australien und Neuseeland.
Nach „Mutter“ veröffentlichte Rammstein 2004 ihr viertes Studioalbum mit dem Titel „Reise, Reise“. Das Album erreichte in vielen Ländern hohe Chartplatzierungen und enthielt Hits wie „Mein Teil“ und „Keine Lust“. Die Band tourte intensiv, einschließlich einer Nordamerika-Tournee und Auftritten bei großen Festivals.
2005 veröffentlichte Rammstein ihr erstes Live-DVD-Set mit dem Titel „Völkerball“, das Aufnahmen von Konzerten in verschiedenen Städten zeigte. Im Jahr 2009 brachten sie ihr sechstes Studioalbum „Liebe ist für alle da“ heraus, das ebenfalls ein großer kommerzieller Erfolg wurde. Das Album enthielt unter anderem die Singles „Pussy“ und „Ich tu dir weh“.
Nach einer längeren Pause veröffentlichten Rammstein im Jahr 2019 ihr siebtes Studioalbum mit dem Titel „Rammstein“. Das Album wurde von Kritikern positiv aufgenommen und erreichte in zahlreichen Ländern Spitzenpositionen in den Charts. 2022 erschien schließlich das Album „Zeit“ und es wurde eine Welttournee im Jahr 2023 bekannt gegeben, die allerdings mit einem medialen Super-GAU startete: Till Lindemann wurde beim Tourneestart am 22. Mai 2023 in Littauen von einem Fan vorgeworfen, sie unter Drogen gesetzt zu haben, um sie sexuell zu missbrauchen. Zahlreiche junge Frauen äußerten sich in der Folge ähnlich. Nicht die erste Kontroverse rund um Rammstein, doch die massivste.
Diskografie Rammstein
1995: Herzeleid
1997: Sehnsucht
2001: Mutter
2004: Reise, Reise
2005: Rosenrot
2009: Liebe ist für alle da
2019: Rammstein
2022: Zeit
Kontroversen rund um Rammstein und der Skandal 2023
Seit der Gründung sehen sich Rammstein diversen Skandalen ausgesetzt und spielten auch offensiv damit.
1988: Die Entstehung des Bandnamens
Die Wahl des Namens „Rammstein“ sorgte für Kontroversen aufgrund seiner Verbindung zur Ramstein Air Base-Tragödie von 1988. Die Band distanzierte sich zunächst von einem direkten Zusammenhang, aber später erklärte Paul Landers: „Der Name war da, bevor wir überhaupt daran dachten, was er bedeuten könnte.“
1998: Das Video zu „Stripped“
Die Verwendung von Filmmaterial der Olympischen Sommerspiele 1936 im Video zu „Stripped“ führte zu Vorwürfen, dass Rammstein rechtsextremen Tendenzen folge. Ulf Poschardt von der Süddeutschen Zeitung kritisierte die Band und sagte: „Die gedankenlose Idealisierung nationalsozialistischer Ästhetik“. Till Lindemann erklärte später, dass sie eine Grenze überschritten hätten und es nicht noch einmal tun würden.
2001: Das Lied „Links 2 3 4“
Mit dem Lied „Links 2 3 4“ wollte Rammstein ihre linksgerichtete Einstellung deutlich machen und Vorurteile entkräften. Keyboarder Christian Lorenz betonte: „Wir marschieren, aber wir sind links, absolut klar bekennend links.“ Der 2010 verstorbene Journalist Martin Büsser warf der Band im gleichen Jahr vor, sich bei nationalistischer Ästhetik zu bedienen, ohne sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen. Dadurch würde diese Ästethetik wieder hoffähig gemacht. 20 Jahre später muss man konstatieren: er hatte Recht.
2004: „Mein Teil“
Das Lied „Mein Teil“ und das zugehörige Musikvideo über den „Kannibalen von Rotenburg“ erregten große Aufmerksamkeit und Kritik. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien sperrte das Video für Zeiten vor 22 Uhr. Die Kommission für Jugendmedienschutz warnte vor einer Beeinträchtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
„Wiener Blut“
Das Lied „Wiener Blut“ handelt von Josef Fritzl, der seine Tochter über 24 Jahre gefangen hielt. Der Text sorgte ebenfalls für Aufregung und kontroverse Diskussionen.
2009: Das Video zu „Pussy“
Das Musikvideo zu „Pussy“ wurde aufgrund seiner pornografischen Inhalte stark zensiert und nur in dieser Version auf Musiksendern ausgestrahlt. Die unzensierte Version war nur online verfügbar. Das dazugehörige Album „Liebe ist für alle da“ wurde aufgrund eines Liedes und eines Fotos auf dem CD-Booklet indiziert. Es wurden Vorwürfe von Gewalt, Sadomasochismus und Unsittlichkeit erhoben. Später wurde die Indizierung aufgehoben.
2023: MeToo-Vorwürfe gegen Till Lindemann
Zum Start der Rammstein Tour im Mai 2023 erhoben mehrere Frauen, nach Recherchen von NDR, Süddeutsche Zeitung, Welt am Sonntag und Zeit Online, Vorwürfe gegen Sänger Till Lindemann. Es wurden ihm sexuelle Übergriffe, Machtmissbrauch und die Verabreichung von Betäubungsmitteln im Zusammenhang mit privaten Partys bei Rammstein-Konzerten vorgeworfen. Die Band bat um eine unvoreingenommene Betrachtung der Vorwürfe und schickte ihre Anwälte auf Fans los, die die Vorwürfe bekräftigten. Die Tour geht trotz der Vorwürfe weiter. Den meisten Fans der Band ist diese Kontroverse offenbar egal. Zwar wies die Band die Vorwürfe zurück, ohne allerdings weiter darauf einzugehen. Nur Schlagzeuger Christoph Schneider äußerte sich später selbstkritisch zu den Vorwürfen auf seinem Instagram:
„Die Anschuldigungen haben uns als Band und mich als Mensch tief erschüttert. (…) Nein, ich glaube nicht, dass etwas strafrechtlich Relevantes (wie z.B. der Einsatz von KO-Tropfen) passiert ist. Nein. Ich glaube nicht, dass etwas Verbotenes vor sich ging, habe so etwas nie beobachtet und dergleichen auch von niemandem aus unserer hundertköpfigen Crew gehört. Alles was ich von Tills Partys mitbekommen habe, waren erwachsene Menschen, die miteinander gefeiert haben. Und trotzdem sind anscheinend Dinge passiert, die – wenn auch rechtlich ok – ich persönlich nicht in Ordnung finde. Gewisse Strukturen sind gewachsen, die über die Grenzen und das Wertesystem der restlichen Bandmitglieder hinausgingen. Till hat sich in den letzten Jahren von uns entfernt und seine eigene Blase geschaffen.“
Rammstein-Schlagzeuger Christoph Schneider via Instagram
Im Folgenden führt er aus, warum das aber ja nicht so schlimm sei und die Frauen schließlich erwachsen seien und dass man weiterhin zusammenstehe. Viele Fans zeigen sich enttäuscht von diesem halbherzigen Statement: „too little, too late“, schreibt ihm ein weiblicher Fan als Kommentar.
„Too little, too late… Christoph, ich habe über die Jahre bei Dir über die Jahre (aufgrund von Aussagen in Interviews) immer den Eindruck gehabt, dass Du ein Mensch bist mit einem starken moralischen Kompass, einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und ner klaren Haltung. Jemand, der sich auch früher nicht gescheut hat, seine klaren persönlichen Grenzen gegen die Meinungen der restlichen Bandmitglieder zu verteidigen, selbst auf die Gefahr hin, dass die Band als Ganzes das nicht übersteht. Über die Jahre habt Ihr immer wieder Euren Kollektivcharakter betont, dass alle Entscheidungen bei Euch zu sechst getroffen werden. Wie also ist nun dieser Post zu werten? „Wir fanden das ja nicht gut, haben ‚unseren Sänger‘ aber sein eigenes Ding machen lassen“? Die Frage, warum Ihr nicht schon eher interveniert habt, wenn Ihr nicht einverstanden wart, müsst Ihr Euch als Band gefallen lassen – Euer aller Name stand drauf! „Gewisse Strukturen sind gewachsen“, und Ihr habt Euch das über Jahre angeschaut. Sich jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, von Tills Alleingängen zu distanzieren, ist verständlich, kommt aber erschütternd spät.“
Ob die Band diesen Skandal überlebt oder nach der Tour auseinanderbricht, wird sich zeigen. Einfach so weiterzumachen, scheint angesichts des gewaltigen Medienechos unmöglich. Es sei denn, die Band möchte nur noch vor den Fans spielen, die sich mit den diversen Kontroversen rund um die Band (Sexismus, Nationalismus, Gewalt etc.) vollständig identifizieren. Und hier sind wir einer Meinung mit Olli Schulz (im Podcast Fest & Flauschig): „Das wird die Band nicht überleben“.