Dendemann schafft das, woran viele seiner alten Klassenkameraden gescheitert sind und liefert ein durchdachtes, zeitgemäßes und selbstbewusstes „Comeback“-Album. Auch wenn er es nicht hören möchte: Danke, Dende!
Video: Dendemann – Wo ich wech bin
„Ich dende also bin ich“ eröffnet Dendemann sein Album. Aber bin ich überhaupt noch? Bin ich 8 Jahre nach „Vom Vintage verweht“ noch relevant? Hab ich im Rap-Zirkus noch einen Platz? Und würde ein Dendemann jemals solche dummen, rhetorischen Fragen stellen?
„Da nicht für!“ leidet glücklicherweise nicht unter dem Detox-Komplex und setzt sich dennoch gekonnt mit Dendemanns Herkunft und Werdegang, Selbstzweifeln und Entwicklungen der Rapszene auseinander. Denn auch wenn Feuilleton & Co. gerne versuchen ihn dieser zu entheben, befindet sich Dendemeier genau in der Mitte der Rap-Gesellschaft – ob musikalisch oder auf einfach nur Twitter.
Ob nun ausgerechnet zwei Mittvierziger gekonnt den Generationenkonflikt im Rap („Littbarski“) besprechen, uns ein Casper in feinster „Hin zur Sonne“-Manier entgegenkrächzt oder ein Rio Reiser-Sample („Zauberland“) als Überraschungsmoment fungiert – auf „Da nich für!“ gibt es erwartungsgemäß so viel zu entdecken, dass sich beim ersten Mal hören nur ein Bruchteil einfangen lässt. Das war bei Dendemann schon immer so.
Was nicht immer so war, hat die Vorabsingle „Keine Parolen“ bereits angekündigt. In seiner Zeit beim Neo Magazin Royale hat Dende bestens unter Beweis gestellt, dass er politische Inhalte unterhaltsam verpacken kann. Wenn jedoch ausgerechnet der Rapper, der jede Aussage hinter drei Ecken und doppeltem Ironie-Boden versteckt plötzlich die deutlichste Haltung einnimmt („Zeitumstellung“), sollte das doch eigentlich ein Weckruf für die Szene sein. Wenn man um die anstehende Aufmerksamkeit eines Albums weiß, kann man diese auch nutzen. Danke, Dende!
Video: Dendemann – „Keine Parolen“
Dendemann ist kein Fremdkörper, viel mehr jedoch ein Gegenpol innerhalb der aktuellen Rapszene. Er liefert keinen revolutionären Soundentwurf, kaum unerwarteten Themen und ist mit Sicherheit nicht die Wiedergeburt des 90er-Backpack-Sounds, als die ihn viele Autotune-Verächter sicherlich gerne gesehen hätten. Stattdessen sorgt Daniel Ebel dafür, dass wir endlich wieder zuhören.
Denn bei Dendemann hört man seit jeher auf jedes Wort – daran haben die letzten acht Jahre auch nichts geändert. Das liegt bei „Da nicht für!“ aber nicht mehr nur an den Wortspielen, Metaphern und Reimstrukturen, sondern an der Ehrlichkeit, Direktheit und Haltung des Albums. Dendemann hat nicht nur weiterhin einen festen Platz im Rap, sondern hätte wohl einen Thron verdient. Auch wenn er den mit Sicherheit nicht haben möchte.