Als 2005 diese Band aus London mit dem schillernden Debüt-Album „Bang Bang Rock & Roll“ das Indie-Zirkuszelt betrat, hatte man lange nicht mehr so alberne und zugleich arty Musik gehört: Art Brut gründeten einfach ihr eigenes Genre, das Outsider Art und New Wave Punk miteinander auf charmant freche Art verschmolz.
Der Eingangstrack „Formed A Band“ legt das Motto vor, wenn der exzentrisch elegante Frontmann Eddie Argos beschreibt, wie man einfach so eine Band gründete und gleich einmal im Text klarstellt: „And yes, this is my singing voice / it’s not irony, it’s not Rock & Roll / We’re just talking, to the Kids“.
Und ja, die Kids hörten zu und vor allem tanzten sie mit – auf den entstaubten Indie-Disco-Dancefloors und bei den anarchischen Live-Auftritten, in denen Argos nicht selten ins Publikum sprang um dort weiterzusingen und mit den Gästen zu tanzen.
Besonders inbrünstig wurde dabei der Hit „Emily Kane“ mitgesungen, ein rumpelndes minimalistisches Liebeslied mit einfachen leicht mitzusingenden Lyrics und einem catchy Chorus, der das ungleiche Paar Pulp und Punk miteinander verheiratete.
Die lakonischen lustigen Lyrics eines Jarvis Cocker werden bei Art Brut weitergesponnen und auch im Indietanzhit „Good Weekend“ gibt es eine ikonisch gewordene Zeile, die inbrünstig mitgeschrien wurde: „I’ve seen her naked twice, I’ve seen her naked twice!“.
Das ganze Album ist zudem ein vollgestopfter vor Kreativtät überquellender Referenzkasten: Angefangen vom Bandnamen, der sich auf die gleichnamige Kunstrichtung bezieht und für eine autodidaktische Kunst von Laien, Kindern oder Menschen mit psychischer Erkrankung bezieht.
In den Songzeilen werden immer wieder popreferenzielle und kulturrelevante Begriffe gedroppt, wie die Tate Modern oder das Centre Pompidou in „Modern Art“, wie Velvet Underground oder deren Epigonen wie The Strokes in „Bang Bang Rock & Roll“ oder wie wohl die berühmteste Textstelle in „Moving To L.A.“: „Hang around with Axl Rose / Buy myself some brand new clothes“ und“ I’m drinking Hennessy with Morrissey“.
Beim Erscheinen des Debüts wurden Art Brut mit Bands wie Buzzcocks, Television Personalities, The Fall oder Ramones verglichen. Argos nennt Jonathan Richman, Frontman von The Modern Lovers, sein großes Vorbild – doch alle Referenzen sind in diesem Fall nur Hilfskrücken, die Art Brut mit großer Lust wegkicken, zu sehr ist ihre Frische und Freiheit unvergleichlich. Und wie schrieb Mojo beim Erscheinen so schön?
„Every generation needs an Art Brut“.
2020 feiert dieses erfrischende Debüt sein 15-jähriges Jubiläum, was die Band mit zwei Live-Shows in Deutschland feiern wird. Ob Argos dabei wieder ins Publikum springt, den Rahmen eines normalen Konzerts sprengt und das Abspielen der zwölf Songs auf „Bang Bang Rock & Roll“ alle wieder zum Springen bringen – eigentlich ist das keine Frage, sondern ein dickes ! Und wie formuliert Eddie Argos selbst so schön zum Geburstag:
„15 years old! Bang Bang Rock and Roll is now as old as I was when I met Emily Kane! It is a teenager! If it was a person it would be drinking cider down the park and trying to sneak in to bed without its parents realising that it is drunk! This is definitely something to celebrate. So come and wish Bang Bang Rock and Roll a happy 15th Birthday with us“.