Eigentlich haben AnnenMayKantereit so ziemlich alles falsch gemacht. Und trotzdem ist ihr Name in aller Munde. Was ist dran am Hype um die Straßenmusiker aus Köln?
Sie haben den beschissensten Bandnamen der Welt. Sie machen netten, leicht schrammeligen Indie-Pop-Rock. Damit kann man in Deutschland schon lange keinen Blumentopf mehr gewinnen. Und sie haben sich ganze fünf Jahre Zeit gelassen, um ihr erstes Album aufzunehmen. Die Beatles hatten in der Zeit ihre Karriere schon fast wieder hinter sich und alle Hits geschrieben.
Obwohl sie wirklich so ziemlich alles falsch gemacht haben, sind sie die Band der Stunde. Wie konnte das nur passieren?
Am Album kann es nicht liegen. Das ist genauso wie der Titel: also „Alles Nix Konkretes“. Ein bisschen Rio Reiser, ein bisschen Element of Crime und – sorry – ein bisschen Westernhagen. Nur ohne Pfefferminz.
Musikalisch und textlich ist das lang ersehnte Debüt allenfalls Studentenfutter. Wohin die Reise geht, bleibt vorläufig noch völlig offen. Doch seit fast einem Jahr spielen AnnenMayKantereit in ausverkauften Hallen und haben sich mit der Zeit eine riesige Gefolgschaft aufgebaut.
Aber das kommt nicht von ungefähr. Drei Dinge offenbaren das Geheimnis des Erfolgs der jungen Kölner:
Ihre Youtube-Videos, K.I.Z. und ein Soundcheck.
In ihren Youtube-Videos covern die ehemaligen Straßenmusiker in wechselnden Locations gerne mal aktuelle und alte Hits und wenn Henning May einen richtig guten Song vorgesetzt bekommt, schlägt das riesige Talent des Sängers und seine markante Stimme so richtig durch und zeigt, welches Potenzial tatsächlich in ihm schlummert. MIt diesen spontanen Videos hat die Band immer mehr Fans erobert, die Straße wurde einfach irgendwann zu klein.
Für K.I.Z. sang Henning May die beste Hookline in einem deutschen Rap-Song ever: „Hurra die Welt geht unter“ war letztes Jahr der Abgesang auf eine Politik, die einen Großteil der Menschheit ihrem Schicksal überlässt, und machte den markanten Sänger auf einen Schlag bundesweit bekannt.
Und beim Soundcheck seiner Band spielt May gerne seine Ballade „Barfuß am Klavier“. Es ist der mit großem Abstand beste und ja, leider auch der einzig richtig gute Song eines ansonsten ziemlich durchschnittlichen Albums. Aber schon wenige Töne beim Soundcheck genügen, damit jedem, die Kinlade in Richtung Boden fällt, der diese tiefe kratzige Stimme dieses dünnen blassen Jungen zum ersten Mal hört. Man hängt förmlich an seinen Lippen. Jetzt müsste er nur etwas zu sagen haben.
Aber was nicht ist, kann ja beim zweiten Album noch werden. Um Henning May und seine Band muss man sich – trotz aller berechtigten Einwände – keine Sorgen machen.