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Alle Filme von Oscar-Gewinner Christopher Nolan im Ranking

Sieben Oscars hat „Oppenheimer“ bei den Oscars 2024 abgeräumt, darunter den für den besten Film. Christopher Nolan wurde als bester Regisseur ausgezeichnet. Zeit also, sich näher mit dem britisch-US-amerikanischen Blockbuster-Spezialisten auseinanderzusetzen. Hier sind alle zwölf Filme im Ranking.

Christopher Nolan, geboren am 30. Juli 1970 in London, ist ein Solitär. In fast allen seiner Filme zwingt er das Publikum dazu, wie ein Luchs aufzupassen, um der ausufernd verwickelten Handlung folgen zu können. Normalerweise rächt sich das an der Kinokasse. Nicht so bei Nolan. Er gehört zu den zuverlässigsten Blockbuster-Regisseuren der Welt. Und nicht nur das: Bis jetzt hat er keinen einzigen wirklich schlechten Film gedreht. Das beeindruckt umso mehr, wenn man bedenkt, dass Nolan als klassischer Auteur fast alle seiner Drehbücher im Alleingang oder mit seinem Bruder Jonathan schreibt und die Werke in der Regel gemeinsam mit seiner Frau Emma Thomas produziert.

Christopher Nolan: Opulente Optik

Entsprechend hofiert wird Nolan in Hollywood. Dass sein Film „Oppenheimer“ jüngst mit sieben Oscars geadelt worden ist, wird weitere Großprojekte ermöglichen. Als einer der ganz wenigen Filmemacher hat Nolan das Recht auf die endgültige Schnittfassung, den Final Cut. Auf der Kinoleinwand sieht man also die unverwässerte Vision des Regisseurs. Zur Erinnerung: Selbst Gigant Orson Welles musste es sich außer bei seinem Meisterwerk „Citizen Kane“ (1941) durchweg gefallen lassen, dass seine Werke durch das Herumpfuschen anderer litten. Das ist das Problem, wenn man kein Publikumsregisseur ist. Nolan dagegen, der künstlerisch freilich nicht an Welles heranreicht, hat die Zuschauer stets im Blick. Die akribisch gestaltete wuchtige Optik der Filme entwickelt eine gewaltige Sogwirkung. Dadurch hat der Regisseur die Möglichkeit, sperrige Inhalte quasi durch die Hintertür zu vermitteln. Ein sehr seltenes Talent. Nolan ist im positiven Sinn ein Verführer.

Christopher Nolan: Biografie

Erfahrungen sammelte er, aufgewachsen in London und Chicago, bereits als Achtjähriger. Mit der Super 8-Kamera seines Vaters setzte er laut eigener Aussage seine Actionfiguren in Szene. Zwar studierte er später englische Literatur. Doch parallel drehte er als Mitglied des Filmclubs des Londoner University College schon erste Kurzfilme. Mit entscheidend für die spätere große Karriere war auch die in diese Zeit fallende Begegnung mit Emma Thomas. Seit 1997 ist das Paar verheiratet. Mit vier Kindern lebt es in Los Angeles und ist bis heute auch beruflich verbandelt. Trotzdem gab es nie Skandale – bemerkenswert in Hollywood. Nolan gilt als scheu und ist kein Partyhengst.

Christopher Nolan: Themen Zeit und Raum

Manche Kritiker werfen dem Regisseur seine eher kühl gehaltenen, mitunter mechanisch wirkenden Inszenierungen vor. Sie sind jedoch ein Spiegelbild seiner Intellektualität. Wer sich auf Nolans Stil und seine Themen, Zeit und Raum sowie der innere Kampf von Menschen in Extremsituationen, einlässt, erkennt das zugrundeliegende humanistische Weltbild. Als Traditionalist setzt der Mann wo es nur geht auf analoge Technik. Sogar die Atombombenexplosion in Oppenheimer wurde mit herkömmlichen Mitteln inszeniert. Wer außer Nolan hätte das in dieser Perfektion fertiggebracht? Stanley Kubrick vielleicht, den er bewundert.

Eine Schrulle wird dem Regisseur regelmäßig vorgeworfen. Obwohl Nolan bevorzugt mit klassischen IMAX-Kameras dreht, für ihre Qualität berühmt, aber für ihre lauten Betriebsgeräusche berüchtigt, verzichtet er auf Nachsynchronisierung. Die Zuschauer sollen die beim Dreh entstandenen Dialoge hören. Das sorgt einerseits für Unmittelbarkeit, andererseits aber im Original immer mal wieder für Passagen, in denen der Ton als zu leise empfunden wird.

ACT DES MONATS

Linkin Park (Bandfoto 2024, James Minchin)
ACT DES MONATS: Linkin Park (Foto: James Minchin)

 

Zum Blockbuster-Heroen avancierte Christopher Nolan mit seiner Batman-Trilogie. Was Superheldenfilme mit Tiefgang angeht, ist sie bis heute ohne Konkurrenz. Doch auch die meisten anderen Werke des Regisseurs lohnen sich, einige mit Einschränkungen. Wir sagen, warum. Hier ist unsere Rangliste.

12. Insomnia – Schlaflos (2002)

Normalerweise hat Christopher Nolan ein sicheres Gespür für die richtigen Schauspieler. Für diesen Film, und nur für diesen, griff er daneben. Al Pacino als schlafloser Bulle, der auf der Jagd nach einem Mädchenmörder einen Kollegen erschießt und die Tat vertuscht, hatte seine beste Zeit hinter sich und flüchtete sich über weite Strecken in seine Ich-bin-ziemlich-wahnsinnig-Manierismen. Robin Williams hingegen wollte mal wieder zeigen, dass er nicht nur Comedy kann. Doch seine bewusst zurückgenommen Darstellung des Mörders war überwiegend die klischierte Interpretation psychopathischer Hinterlist. Immerhin fesselten Nolans Bildsprache und die raffinierte Story. Das einzige Mal war der Regisseur nicht am Drehbuch beteiligt. Der Film ist ein Remake des von Erik Skjoldbjaerg gedrehten norwegischen Thrillers „Todesschlaf“ (1997). Das Original ist klar besser, Nolans Versuch Durchschnittsware.

11. Tenet (2020)

Zu überambitioniert und vollgepackt: Der erste Blockbuster überhaupt, der während der Corona-Pandemie in die Kinos kam, ist Nolans zweitschwächstes Werk. Und trotzdem sehenswert. Ja, die Handlung ist unlogisch. Doch die Geschwindigkeit und schiere Wucht des Thrillers sind großartig. Aufgrund aufgehobener physikalischer Gesetze läuft die Zeit mitunter gleichzeitig vorwärts und rückwärts. Die Grundidee des Films ist die Inversion, also Zeitumkehrung. Kugeln werden von Waffen nicht abgefeuert, sondern aufgefangen. Ein verunfalltes Auto wird nach Überschlag wieder ganz und rast die Straße mit dem Heck voran entlang. Eine Kampftruppe verabschiedet sich mit einem Schwupps in einen rückwärts fliegenden Hubschrauber. Zeitreisen ermöglichen dieses wilde Durcheinander. Mittendrin: ein namenloser CIA-Agent (John David Washington). Es gibt Böse und Gute. Doch wer keinen Knoten im Hirn will, sollte über die Handlung nicht zu viel nachdenken.

10. Oppenheimer (2023)

Ja, der siebenfache Oscargewinner, das erfolgreichste Biopic, das je gedreht worden ist, steht nur auf Platz zehn. So sehr Christopher Nolan der Erfolg gegönnt sei, der Mann hat bessere Filme gemacht. Optisch ist „Oppenheimer“ über jeden Zweifel erhaben. Doch Nolans ehrgeiziger Ansatz, fast das komplette Leben des Physikers zu beleuchten, führt trotz drei Stunden Spielzeit dazu, dass dem Film die Tiefe abgeht. Mitunter wirkt er zu blitzlichthaft. Ansonsten überzeugt das verworrene Mammutwerk über den Leiter des Teams, das die Atombombe entwickelte, natürlich schon. Das liegt nicht zuletzt an Cillian Murphy, einer der Lieblingsschauspieler des Regisseurs. In der Hauptrolle, seiner ersten in einem Nolan-Projekt und zurecht mit einem Oscar gekürt, gibt der Ire dem Physiker Kontur. Robert Oppenheimer plagten nach den 1945 von der US-Regierung verantworteten Abwürfen der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki Gewissensbisse. Er wandte sich gegen die Entwicklung der Wasserstoffbombe. Das Hauptthema des Films hätte folglich die Verantwortung von Wissenschaftlern gegenüber Mensch und Natur sein können. Ist es aber nicht. Eine vertane Chance? Nein. Nolan taugt nun mal nicht zum Moralapostel. Und das ist auch gut so.

9. Interstellar (2014)

Was geschieht, wenn ein Raumschiff durch ein Wurmloch oder Schwarzes Loch fliegt? Dieses Sci-Fi-Abenteuer versucht so wissenschaftlich fundiert wie möglich, eine Antwort zu geben. Natürlich drängt sich der Vergleich mit dem Klassiker „2001: Odyssee im Weltraum“ von Stanley Kubrick (1968) auf. Nolan verehrt den Film. Allerdings wollte er seinen eigenen trotz einiger Querverweise nicht als Hommage verstanden wissen. Worum geht’s genau? In der Zukunft, der Zeitpunkt bleibt im Dunkeln, ist die Menschheit unter anderem aufgrund von Naturkatastrophen ziemlich am Ende.

Parallelen zu „2001“ von Stanley Kubrick

Deshalb forscht die inzwischen nur noch heimlich operierende NASA nach neuem Lebensraum im All. Mittels eines Wurmlochs fliegt das Raumschiff Endurance mit kleinem Team und zwei Künstlichen Intelligenzen – das erinnert an HAL aus „2001“ – in eine andere Galaxie. Wegen der Nähe zum Schwarzen Loch spielt die Zeit verrückt – eine weitere Parallele zu Kubricks Werk. Insgesamt ist „Interstellar“ etwas zu wenig überraschend. Das Aufgebot an Stars kann sich aber sehen lassen. Dazu gehören Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Matt Damon, Michael Caine und Casey Affleck. Ein Beleg für die Reputation des Regisseurs.

8. Dunkirk (2017)

Durchweg gelungene Kriegsfilme kann man an einer Hand abzählen. Zu oft wird das Genre als Bodycount-Actionvehikel beziehungsweise zum Ausdruck patriotischer Dumpfheit und comichafter Heldengeschichten genutzt (Standardbeispiele für alles: Rambo II und III). Christopher Nolan verzichtete bei seiner Verfilmung der Schlacht von Dünkirchen von 1940 – es war den Alliierten gelungen, rund 340.000 Soldaten zu retten, indem sie sie von Frankreich nach England verschifften – weitgehend auf Klischees sowie auf Dauergemetzel. Dennoch hat das Werk Schwächen.

Dunkirk: Kalt inszeniert

Weniger ins Gewicht, schließlich handelt es sich um einen Film, fallen historische Fehler. Problematischer ist die Kälte der Inszenierung, die das Mitleiden mit den Protagonisten sehr erschwert. Dazu trägt auch die verschachtelte Erzählweise bei. Manchmal scheint es, als seien dem Regisseur – ein Vorwurf, den er sich des Öfteren gefallen lassen muss – Optik und raffinierte Komposition wichtiger als Thema und Figuren. Warum hat er dann einen Kriegsfilm gedreht, noch dazu mit realem Hintergrund? Weil sich das Genre exzellent für Spektakel eignet? Nun, man kann – und sollte – das Werk positiv sehen. Krieg ist eine seelenlose Maschine, die Menschen als Spielsteine benutzt. Hat man das beim Schauen im Hinterkopf, gewinnt der Film deutlich an Substanz. Nur der Soundtrack von Hans Zimmer ist – wieder einmal – zu effekthascherisch.

7. Following (1998)

Nolans in London gedrehter Erstling mag handwerkliche Schwächen haben. Und mangels Budget war der junge Regisseur dazu gezwungen, das Schauspielensemble vor allem aus Verwandten und Freunden zusammenzusetzen. Doch wer für angeblich nur 6000 US-Dollar Produktionskosten einen solchen Film inszenieren kann, in diesem Frühwerk war Nolan sogar noch Kameramann, muss hochtalentiert sein. Alles, was heute an ihm bewundert wird – die nichtlineare Handlung, das Erforschen des vermeintlich logischen Verhaltens von Menschen in außer Kontrolle geratenen Situationen, die Grenzverschiebung zwischen Sein und Schein -, war in „Following“ schon angelegt. Der Film lässt sich ins Neo-Noir-Genre einordnen. Ein klammer Schriftsteller lernt einen Einbrecher kennen und wird selbst kriminell. Zusammen klauen sie Zeugs aus Wohnungen. Der erfahrenere Spitzbube verändert zudem allerlei am Interieur, um die Bewohner zu irritieren. Natürlich bleibt es nicht bei Diebstählen, bald geht es um Mord. Eine entscheidende Rolle spielt eine Femme Fatale, am Ende schnappt die Falle zu.

6. Inception (2010)

Einige Kritiker wollten ein intellektuelles Actionmeisterwerk gesehen haben. Das geht deutlich zu weit. Der Film kommt wie ein Puzzle mit 50.000 Teilen daher, ist aber im Grunde nur eine clevere Variation gut abgehangener Thrillerelemente. Erst die nie zuvor gesehenen optische Effekte verbunden mit rasantem Tempo machten „Inception“ zum Blockbuster, den jeder sehen wollte. Und zwar auf möglichst großer Leinwand, mit möglichst guter Soundanlage. Die Drehbuchgrundidee von der Traum- und Bewusstseinsmanipulation ermöglichte Christopher Nolan eine Geschichte auf unterschiedlichen Realitätsebenen inklusive wahnwitziger Handlungssprünge. Vor und zurück, hin und her, rauf und runter – schon bemerkenswert, dass der Film nicht irgendwann den Faden verliert. Schauspielerisch geht in diesem Tohuwabohu freilich wenig. Leonardo DiCaprio versucht im Rahmen seiner Kompetenz, der Hauptfigur Dominick Cobb Leben einzuhauchen. Etwas erfolgreicher ist Ken Watanabe als Gegenspieler Saito.

5. The Dark Knight (2008)

Der zweite Teil der Batman-Trilogie wurde zur Zeit seines Erscheinens gefeiert, als wäre er ein Wunder. Die hymnischen Rezensionen konzentrierten sich indes vor allem auf Heath Ledger. Nicht nur auf dessen hervorragende Darstellung als geschminkter Comic-Anarchist Joker, sondern auch auf sein tragisches Ende. An Medikamentenmissbrauch war der Australier mit 28 gestorben. Postum erhielt er dann noch den Oscar als bester Hauptdarsteller.

Batman: Fabelhafte Schauspieler

Der Film selbst ist in manchen Momenten sehr stark. Dazu gehören die direkten Konfrontationen zwischen Ledger und dem sogar noch besseren Christian Bale, dem bis heute in der Rolle des innerlich zerrissenen einsamen Milliardärs und Rächers Bruce Wayne/Batman niemand das Wasser reichen kann. Rührend sind auch die Momente zwischen Bale und dem englischen Großschauspieler Michael Caine, der den sich um Master Bruce zutiefst sorgenden Butler Alfred mit witziger Würde verkörpert. Und selbstverständlich sind die Actionsequenzen fabelhaft. Der Film leidet nur durch seine arg formelhafte Geschichte – die mit den klugen Tricks des Kinomagiers zu einem Spektakel im Kampf Gut gegen Böse aufgebauscht wurde. Dennoch ein Film, den man sich immer mal wieder anschauen kann. Glänzende Unterhaltung.

4. Prestige (2006)

Was die Story betrifft, ist „Prestige“ Nolans süffigster Film. Er basiert auf Christopher Priests Buch „Das Kabinett Des Magiers“. Ende des 19. Jahrhunderts versuchen zwei verfeindete Zauberer, sich in ihren jeweiligen Shows mit Teleportationstricks zu übertrumpfen. Wieder einmal spürt der Regisseur der Frage nach, was das eigentlich ist, Realität. Das Werk funktioniert als Künstlerporträt, Film Noir und Fantasystück zugleich und kann überdies als Studie über die Kraft des Hasses interpretiert werden. Die ebenso verblüffende wie eklige Auflösung am Ende ist einer der größten Knalleffekte in einem Nolan-Werk. Und anders als etwa bei „The Sixth Sense“ von M. Night Shyamalan stellt sich beim zweiten Anschauen nicht das große Gähnen ein.

Idealbesetzungen: Christian Bale und Hugh Jackman

Dafür sorgen zum einen die hochkonzentrierten Schauspieler. Christian Bale und Hugh Jackman sind als erfolgs- und rachsüchtige Zauberer die Idealbesetzungen. In den weiblichen Hauptrollen machen Scarlett Johansson und Rebecca Hall alles richtig – nämlich nicht zu viel. Michael Caine nimmt man den alternden Trickfuchs sofort ab. Und David Bowie gibt, seinem Alienimage entsprechend, dem Erfinder Nikola Tesla einen außerirdischen Touch. Hinzu kommt Nolans Bildsprache, der die Balance zwischen Historienanmutung und futuristischem Design gelingt.

3. The Dark Night Rises (2012)

Gemeinhin gilt der letzte Teil der Batman-Trilogie als der schwächste. Quatsch! Wie Christian Bale als ausgebrannter, körperlich abgewrackter Bruce Wayne fast durchsichtig erscheinend durch die eisigen Räume von Wayne Manor geistert, sich dann, langsam wiedererweckt durch Liebe und den Drang zur Rache, doch wieder ins Kostüm quält, als Kämpfer gegen eigene Traumata viel Schaden anrichtet, bitterst einstecken muss, zurückkehrt und am Ende die Lust am echten Leben entdeckt, ist die beste schauspielerische Leistung, die je in einem Superheldenstreifen zu sehen war. Passagenweise kommt „The Dark Night Rises“ der ultradüsteren Comicvorlage von Frank Miller sehr nahe. In den 1980ern hatte dieser die 1939 von Bob Kane entwickelte Figur als alternden, zynischen Racheengel wiederbelebt. Der Comic ist ein Klassiker, aber auch hochproblematisch. Miller machte aus Batman einen sämtliche Gesetze brechenden Individualfaschisten mit messianischen Zügen.

Kritik an Christopher Nolan

Aufgrund einiger Szenen im Film, der von Tom Hardy extrem körperbetont angelegte, grotesk maskierte Terrorist Bane stachelt eine gesichtslose Menschenmenge zum gesellschaftlichen Protest an, wurde Nolan prompt vorgeworfen, sich reaktionär gegen die damals sehr aktive Occupy-Bewegung zu stellen. Die war unter anderem für scharfe Kontrollen des Bankensektors und die Überwindung sozialer Ungleichheit eingetreten. Doch die Kritik am Regisseur basierte nur auf Vermutungen. Und im Film grenzt sich Nolan eindeutig von Miller ab. Bruce Wayne/Batman berserkt zwar ordentlich und trägt zunächst auch messianische Züge. Am Schluss ist es aber er, der eine Wandlung durchmacht. Und zwar eine sehr menschliche.

2. Batman Begins (2005)

Christian Bale als Bruce Wayne/Batman, Liam Neeson als Überbösewicht R’as al Ghul, Michael Caine als Butler Alfred, Morgan Freeman als Gimmickkonstrukteur Lucius Fox und Gary Oldman als unbestechlicher Polizist Jim Gordon. Schon die Besetzungsliste weckte die Hoffnung, dass der beliebteste Held von DC Comics nach einer Zisch-Bumm-Bäng-Pop-Art-TV-Serie aus den 60ern und überwiegend lauen Witzfilmchen (Arnold Schwarzenegger als Mr. Freeze!) endlich mal eine ernsthafte Kinowürdigung bekommen könnte. Regisseur Nolan war zwar noch eher ein Geheimtipp, hatte sich aber mit seinen Frühwerken fürs Blockbuster-Segment empfohlen. Und mit „Batman Begins“ gelang ihm der bis heute beste Superheldenstreifen. Mit aller comichaften Plakativität: Bruce Waynes Eltern, die vor den Augen des Jungen erschossen werden, sind die herzensgutesten, selbstlosesten und liebevollsten Milliardäre, die es je nie gegeben hat. Offensichtlich wollte Nolan für das größte vorstellbare Trauma sorgen, das einem Kind widerfahren kann.

Bruce Wayne als Ninja

Deshalb zombiet Christian Bale als erwachsener Bruce zunächst gefühlsverstümmelt durch die Welt und ist nach einer Sinnsuche als alttestamentarischer Möchtegernmörder, Krimineller und Knastschläger leichte Beute für eine Killersekte, die sich „Die Gesellschaft der Schatten“ nennt. Unter den Fittichen eines linkischen Ausbilders (Neeson) reift er zum Topninja heran. Doch weil Bruce nun mal Guter statt Henker ist, wendet er sich von den dunklen Mächten ab und wird in seiner vom Verbrechen verseuchten Heimatstadt Gotham zum Prügelrächer im Fledermauskostüm. Und muss schließlich ran, als Neeson mit seinen Fanatikern Druck macht. Die Geschichte klingt nach tumbem Actionvehikel. Doch Nolan erschuf einen mit Humor angereicherten Film über Heldentum als Ersatz für ein wirkliches Leben.

1. Memento (2000)

Unglaublich, dass dies erst Christopher Nolans zweiter Spielfilm war. Eigentlich gehört viel mehr Erfahrung dazu, eine derart aberwitzig vertrackte Geschichte so exakt und ohne Handlungslöcher zu inszenieren. „Memento“ ist mit B-Movie-Budget hochgradig konstruiert und entsprechend kühl. Doch erstens passt das zum Neo-Noir-Genre. Zweitens sieht der Film eben nicht so aus, als sei er mit unendlich viel Mühe zurechtgedengelt worden. Die Handlung läuft rückwärts in Farb- und, als Orientierungshilfe für den Zuschauer, vorwärts in Schwarz-Weiß-Szenen ab. Begründet ist das mit dem Schicksal der Hauptfigur Leonard Shelby (stark: Guy Pierce), der nach einem heftigen Schlag auf den Schädel über kein Kurzzeitgedächtnis mehr verfügt. Auf der Jagd nach dem Mörder seiner Frau tätowiert er sich deshalb laufend Erinnerungshilfen in die Haut. Tja. Jeder, der sich schon mal was auf einen Zettel geschrieben hat, um sich an Wichtiges zu erinnern, weiß: Im Moment des Verfassens sind die Notizen ganz logisch, ein paar Tage später hat man aber den Kontext vergessen.

„Memento“: Raffinierter Thriller

Bei Leonard kommt erschwerend hinzu, dass er sich wegen seiner Behinderung ganz und gar auf seine Tätowierungen und andere Hilfsmittel verlassen muss. Und obendrein ständig in Gefahr ist, von schlechten Menschen ausgenutzt und manipuliert zu werden. Genregemäß geschieht in „Memento“ genau das, Leonard wird gleich in mehrerer Hinsicht zur tragischen Figur. Was den Film deutlich über Nolans andere Werke – vor allem zum Thema Zeitverschiebung – heraushebt, ist, dass er keinen wissenschaftlichen Erklärungsballast benötigt. „Memento“ will nicht mehr sein als ein raffinierter Thriller – und kaschiert keine Drehbuchschwächen mit Blockbuster-Action. Ein Klassiker.

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