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10 Fragen an… UNS

Sebastian Cleemann ist solo als Petula und im Trio mit der Band UNS unterwegs. Im Dezember feiern UNS mal wieder ein Abschiedskonzert, das wir an dieser Stelle natürlich unbedingt empfehlen.

Seit 2011 spielen UNS eine wilde, undefinierbare Mischung aus Rock, Electro und Noise und haben sich damit eine kleine, aber treue Hörerschaft aufgebaut. Zum Anlass des Abschiedskonzerts haben wir Songwriter und Sänger Sebastian Cleemann zehn Fragen gestellt.

Sebastian Cleemann (UNS, Petula)

Was ist der erste Song, an den du dich erinnerst?

Ich meine, es ist „Der F-Tsch-Chqu-&%-Wumm-Apparat“. Mit großer Sicherheit ist eines der Lieder von Gerhard Schönes noch immer großartigem Album „Lieder aus dem Kinderland“.

Was war die erste Platte, die du dir selbst gekauft hast?

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„Der Junge mag Musik“, wusste meine Familie, weshalb Musik oft und lange als Geschenk zu mir kam – querbeet und unkritisch aufgesogen. Dann hieß es irgendwann: „Der Junge mag weiße Schokolade.“ Dann gab es vor allem weiße Schokolade. Aus der Bibliothek holte ich mir gern Schallplatten, konkret erinnere ich mich an Udo Lindenbergs AMIGA-Best-of. Das erste selbstausgesuchte Album war Midnight Oil’s „Blue Sky Mining“ auf Kassette, für Tapferkeit beim Zahnarzt bekommen. Die erste selbstgekaufte Maxi-CD war „Hypnotic St8“ von Altern8. Die erste selbstgekaufte Platte war entweder „Some Girls Wander By Mistake“ von den Sisters of Mercy oder „Schlachtrufe BRD II“, und mit all dem weiß man eigentlich auch fast alles, was man über meinen Input bei UNS wissen muss. Das Gefühl: immer eine Gleichzeitigkeit von Finderfreude und Neugier, Vorfreude auf die Hörung daheim und die kommende Erweiterung der eigenen Person.

Was war dein erstes Konzert als Besucher?

Ich war als Kind gelegentlich Anhängsel meiner Mutter bei Konzerten und kleinen Festivals und habe mich da eher verloren gefühlt, wenn auch neugierig auf alles, was Geräusch macht. Der Übergang zum eigenen Konzerterleben war fließend – unglamourös-zweckmäßig wirkende Betonfreilichtbühnen, die Toten Hosen und The Cure in der Sporthalle Hamburg, die Einstürzenden Neubauten in der Großen Freiheit, dEUS im Huxley’s Jr. Schnell wurden Konzerte willkommene Inseln aus Geräusch und Lärm, in denen neben dem Geschehen auf der Bühne, unmittelbar um mich herum und in mir drin herzlich wenig wichtig ist.

Wie bist du zur Musik gekommen?

Meine Kindheit war vor allem eher einsam, und Musik war einfach da. Dass mit der Arbeit von Thomas Natschinski, Gerhard Schöne, Reinhard Lakomy und Monika Erhardt eine direkte Brücke von der Märchenschallplatte in mitunter sehr gute Musik gab, hat mich früh geprägt. Das Lernen eines Instruments dagegen: mäßig reizvoll. Im Zweifel gefiel mir jeder rohe Klang so viel besser als das mühevolle Zurechtfingern von „Sur Le Pont D’Avignon“.

Wie machst du Musik?

Zu selten zur Zeit und meist zufällig. Neue Lieder entstehen fast immer als Prokrastination beim Üben der alten Lieder. Ein Loop, eine Melodie, eine Akkordfolge: Was nach einer Probe nicht direkt verschwindet, ist fast schon ein fertiges Lied. Mit UNS war es lange sehr ähnlich. Ideen entstanden eher spontan und aus Unfällen heraus. Das geht natürlich hervorragend, wenn man ein Talent wie Sepp Singwald an Polysix und SH-101 hat, wo Harmonie- und Soundzauber eins sind, und einen unnachgiebigen und irre lauten Taktgeber wie Jens Gathemann, der jeder Idee schnell einen Herzschlag gibt. Diese Magie allerdings, sie war endlich.

Warum machst du Musik?

Weil ich kaum etwas anderes kann und noch weniger anderes will. Weil es ein ganz wunderbares Gefühl ist, Dinge zum Klingen zu bringen. Ich bin da eher einfach gestrickt.

Welche Künstler haben dich am meisten geprägt? Mit wem würdest du gerne einmal zusammenarbeiten?

Ich bin nicht strukturiert genug, um in der Menge des Inputs von 44 Jahren eine spezifischen Künstlerin oder einen spezifischen Künstler auszumachen. Als UNS-Texter kann ich nicht sicher verleugnen, wie sehr die Verehrung meines Vaters für Heinz-Rudolf Kunze in mir nachhallt. Den fände ich auch interessant und problematisch genug, um im UNS-Kontext einmal mit ihm zusammenarbeiten. Heinz-Rudolf Kunze, nicht meinen Vater. Den gibt es leider nicht mehr.

Was möchtest du mit deiner Musik erreichen?

Andockpunkte für Menschen schaffen, die sie so noch nicht haben und vielleicht brauchen – so wie Musik sie mein Leben lang für mich geschaffen hat. Außerdem etwas von mir teilen, den Momenten und Menschen und Gedanken in meinem Leben kleine, abstrakte Denkmäler schaffen. Im Bandkontext auch immer: dabei sein, wenn etwas Schönes, Großes, Lautes und/oder Albernes entsteht, es gemeinsam schaffen und halten.

Welches ist dein bester Song bisher?

Es sind nicht endlos viele, aber doch genug, um zu verschieden zu sein und zu unterschiedliche Absichten, Kontexte, Geschichten in sich zu tragen, um derart bewertet zu werden. Es gibt eher die, die mir nicht mehr viel bedeuten. Der der ersten UNS-Auflösung nachgeschobene Motivationsbohrer „KOMM“ ist in seinem Mix aus Aufrichtigkeit, Zynismus, Kapitulation, Zitat, Gewalt, Zuneigung, Hoffnung und völligem Quatsch sicher sehr nah an „Daran zweifle ich wirklich kein bisschen“. Und mehr kann man vielleicht nicht wollen.

Woran arbeitest du gerade? Was kommt als nächstes?

Als nächstes kommt das zweite, erneut sehr endgültig gemeinte und uns allen Klarheit bringende Ende der Band UNS, das wir am 3. Dezember in der Kantine am Berghain feiern. Dann der Versuch, nach den pandemiegebeutelten Jahren wieder genug Energie dafür aufzubringen, Petula-Ideen zu Petula-Songs zu machen. Dann neue Lieder mit Hamburger Freunden aufnehmen. Dann langsam älter und wunderlicher werden und mit meinem Sohn im Proberaum Ärzte-Cover spielen.

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