Oft heißt es, dass Künstler wie Feist, Empire Of The Sun oder Lykke Li ihre Karriere der Werbung zu verdanken hätten. Eine Studie erklärt, welchen Effekt die Musik in der Werbung auf uns und unsere Wahrnehmung hat. Wir stellen euch die wichtigsten Erkenntnisse und die Top 10 der größten Werbe-Hits vor.
Werbung möchte ein Produkt mit einem bestimmten Gefühl beim Zuschauer und potentiellen Kunden verbinden. Das dürfte jedem bewusst sein, der zumindest mal eine Folge von „Mad Men“ gesehen hat. Verbindet man diese Werbung nun auch noch mit einem guten Song – bestenfalls mit Ohrwurmcharakter – so bleibt dem Zuschauer nicht nur der Song, sondern eben auch das verbundene Produkt im Kopf.
Handelt es sich dabei um einen neuen bzw. unbekannten Song, werden die Zuschauer zwangsläufig anfangen, im Internet danach zu suchen und irgendwann auch in unserer „Wie heißt der Song aus der Werbung?„-Übersicht fündig werden. Bedeutet: zusätzliche, kostenlose Reichweite für die Werbetreibenden und die Künstler.
Was hier noch recht komprimiert zusammengefasst ist, haben Markus Küppers, Oliver Spitzer und Dirk Strubberg von „september Strategie & Forschung“ in ihrer Studie „Getting in tune – wie Werbemusik unsere Emotionen dirigiert“ genauer aufgeschlüsselt.
Studie: Wie Werbemusik unsere Emotionen dirigiert
Die Grundlage dieser Studie stellt eine Untersuchung mit einer neuen „heart.facts Methoden-Kombination aus psychophysiologischer Emotionsmessung und tiefenpsychologischen Analysen“ dar, welche den Einfluss von Werbe-Musik auf unsere Emotionen anhand von sieben Emotions-KPI (Key Performance Indicator) analysiert:
- Sympathie
- Nähe
- Relevanz
- Distress
- Vertrauen
- Attraktion
- Skepsis
Die ersten vier Indikatoren sind dabei direkt durch musikalische Ausdrucksformen und die emotionale Qualität der Sprecherstimme beeinflussbar, die restlichen drei hängen stark von individuellen Erfahrungen und Erwartungen des Einzelnen ab. Wie die unterschiedlichen Indikatoren genau definiert werden, könnt ihr direkt in der Studie nachlesen.
ACT DES MONATS
Die Untersuchungen haben dabei ergeben, dass sich der gewünschte Effekt von Musik in der Werbung generell auf drei verschiedene Ziele festlegen lässt:
1. Intensivierung: Das gesehene Bild soll durch die Musik verstärkt wahrgenommen werden, es soll also eine „körperlichen Aktivierung“ stattfinden. Wer Inhalte aktiver wahrnimmt, erinnert sich später besser an sie.
2. Interpretation: Die Musik soll dazu beitragen, dass das gesehene Bild in die gewünschte Richtung interpretiert wird. Hierbei kann natürlich auch eine bewusste Diskrepanz bzw. eine Ton-Bild-Schere erzeugt werden.
3. Bonding: Die Bindung zwischen Zielgruppe und Marke soll gestärkt werden. Indentifiziert sich die Zielgruppe beispielsweise mit dem gewählten Song einer Werbung, wird gleichzeitig auch das Unternehmen positiver betrachtet.
Fazit
„In der Praxis wird Musik überwiegend eingesetzt, um das Erlebnis zu intensivieren und zu interpretieren. Wenn Musik nur als Untermalung der Handlung oder Einfärbung eines Sprechertextes eingesetzt wird, entfaltet sie nur einen Teil ihres emotionalen Potenzials. Steht Musik dagegen im Zentrum eines TV-Spots, kann sie beim Zuschauer ein starkes „Wir-Gefühl“ und ein positives emotionales Erlebnis stimulieren, das auf das Produkt bzw. die Marke übertragen wird. […]
Durch ihre emotionale Kraft kann Musik Kunden stärker an eine Marke binden als alle anderen Elemente der Markenkommunikation. […] Generell führen die permanente Präsenz von Musik und die vergleichsweise kurzfristige Lebensdauer aktueller Hits dazu, dass der Bonding-Effekt einzelner Songs abnimmt.“
– Markus Küppers, Oliver Spitzer & Dirk Strubberg / „Getting in tune – wie Werbemusik unsere Emotionen dirigier
Fest steht also, dass die richtige Songauswahl eine Werbung und das Unternehmen bei der Zielgruppe um ein Vielfaches beliebter machen kann. Dass dieser Effekt auch umgekehrt funktioniert, wurde in der Vergangenheit oft genug bewiesen. Denn Werbespots tragen regelmäßig dazu bei, dass sich unbekannte Songs zu echten Chartstürmern und zum Startschuss einer großen Karriere entwickeln.
Top 10: Songs, die durch Werbung zu Hits wurden
1. Feist – 1234
Werbung: Apple
Jahr: 2007
Wir wollen uns nicht so weit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass Leslie Feist ohne Apples Unterstützung niemals ihren Weg gemacht hätte, doch die heute 43-Jährige wird selbst wissen, was sie der iPod-Werbung aus dem Jahr 2007 zu verdanken hat. „1234“ ist bis heute ihr erfolgreichster Song und wurde im selben Jahr für zwei Grammys nominiert.
2. Empire Of The Sun – We Are The People
Werbung: Vodafone
Jahr: 2010
Ein klassisches One-Hit-Wonder sind sie vielleicht nicht, die wenigsten von uns werden aber mehr als einen Song von Empire Of The Sun aufzählen können. Dafür kam 2010 aber auch wirklich niemand an „We Are The People“ vorbei. In den Radio-Playlists hat er sich irgendwie auch bis heute gehalten.
3. Lykke Li – I Follow Rivers (The Magician Remix)
Werbung: Champions League
Jahr: 2012
Keine klassische Werbung, der Effekt war aber der gleiche. Für das Champions League Finale 2012 wurde der Dance-Remix von „I Follow Rivers“ als Titelmelodie für die Fernsehübertragung ausgewähtl. Und siehe da: kurz darauf stand Lykke Li auch auf Platz 1 der deutschen Single-Charts.
4. Caesars – Jerk It Out
Werbung: Apple, Renault, Nivea, Coca-Cola u.a.
Jahr: 2005 – 2009
Indie-Rock war zwar schon immer das Lieblingsgenre der Werbeindustrie, mit „Jerk It Out“ scheinen Caesars aber nochmal besonders ins Schwarze getroffen zu haben. Mit Apple, Renault und Coca-Cola bedienten sich gleich drei weltbekannte Firmen am (vielleicht einzigen) Hit der Schweden. Und bei nicht wenigen von uns dürfte ein kleines Auto durch den Kopf fahren, sobald wir den Song hören.
Was sind Sync-Deals?
Ein Sync-Deal bzw. eine Synchronisations-Lizenz wird immer dann benötigt, wenn Bild- und Tonaufnahmen verbunden werden sollen. Das kann bei Filmen, Youtube-Videos, Computerspielen oder eben auch Werbeclips der Fall sein. Der ausgehandelte Vertrag splittet sich dabei in zwei Teilbestände auf:
- Komposition: Der Verlag handelt im Namen des Autoren bzw. Komponisten eines Musikstücks einen Vergütungsvertrag mit den Nutzern bzw. Werbetreibenden aus. Mit dieser Lizenz könnte bereits eine eigene Cover-Version eines Stücks für die Werbung kreiert werden.
- Tonaufnahmen: Sollen hingegen konkrete Tonaufnahmen, also beispielsweise ein fertiger Song, benutzt werden, wird zusätzlich ein Lizenzabkommen mit dem Eigentümer des Stücks benötigt. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um das Label des Künstlers.
5. K’naan – Wavin‘ Flag
Werbung: Coca-Cola
Jahr: 2010
Ganz ehrlich: die meisten von uns werden „Wavin‘ Flag“ wohl nicht mehr hören können. Immerhin ertönte der Song während der Fußball-WM 2010 quasi im 5-Minuten-Takt aus irgendwelchen Lautsprechern. Hier wurde die Produkt-Gefühl-Kombination natürlich perfekt umgesetzt. Wer den Song hört, denkt an die euphorische WM-Stimmung – und bekommt irgendwo im Hinterkopf auch noch Lust auf eine kalte Cola.
6. Tom Odell – Another Love
Werbung: Telekom
Jahr: 2013
66 Wochen am Stück in den Charts. Aus heutiger Sicht mit Sicherheit kein Problem für die Musik von Tom Odell, 2013 war jedoch noch nicht einmal sein Debütalbum veröffentlicht. Viel besser kann der Karriereeinstieg wohl auch nicht laufen.
7. Alex Clare – Too Close
Werbung: Windows Internet Explorer
Jahr: 2012
Mit einer guten Portion Fremdscham im Gepäck erinnern wir uns an die Jahre, in denen Dubstep plötzlich der „heiße Scheiß“ in der Werbung war – also einige Zeit nachdem das Genre seinen Höhepunkt bereits überschritten hatte. Die Pop-Auslegung von Alex Clare war quasi dazu gemacht, erfolgreich zu werden und entpuppte sich letztendlich nicht nur als Platin-Single sondern auch als perfekte Werbetrommel für das Debütalbum „The Lateness of the Hour„.
8. Boy – Little Numbers
Werbung: Lufthansa
Jahr: 2012
These: „Little Numbers“ wäre in jedem Fall ein Hit geworden. Dennoch ist es hilfreich wenn ein Unternehmen wie Lufthansa ein bisschen nachhilft und den Song auch international bekannt macht. Einer von den Werbe-Songs, die heutezutage noch genau so viel Spaß machen.
9. Capital Cities – Safe and Sound
Werbung: Vodafone
Jahr: 2013
Ähnliches gilt für „Safe and Sound“ von Capital Cities. An sich ist der Song schon ein absoluter Hit, über die zusätzliche Aufmerksamkeit werden sich Ryan Merchant und Sebu Simonian aber wohl kaum beschwert haben. Immerhin gab es nach der Werbung die Chartspitze und 3-fach-Gold in Deutschland zu feiern.
10. Fats Domino – I’m Walkin‘
Werbung: Aral
Jahr: 1991
Wenn ein Song 34 Jahre nach Veröffentlichung nochmals in die Charts zurückkehrt, hat das normalerweise einen triftigen Grund. In Fall von „I’m Walkin'“ dürfte der Grund wohl der enorme Ohrwurmcharakter in Kombination mit der gelungenen Aral-Werbung aus dem Jahr 1991 sein.
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