DJing wurden in den vergangenen Jahren zum absoluten Trend-Hobby. Wir haben einen Profi gefragt wie ihr trotz Konkurrenzdrucks an eure Bookings kommt und euer Hobby damit zum Beruf machen könnt.
Jan-Michael Kühn aka Fresh Meat ist DJ, Coach, Berater, Dozent und Blogger und bietet über das „Berlin Mitte Institut“ regelmäßig Workshops und Coachings zu den Themen DJing, Booking und Szenewirtschaft an. Wir haben ihn zum Interview getroffen und dabei unter anderem die Fragen geklärt, ob man als Neuling tatsächlich schon einen Booker braucht, welche Gage man verlangen sollte und ab wann man das Hobby „DJing“ tatsächlich zum Beruf machen sollte.
Ein Großteil unserer Fragen wurde bewusst aus einer Anfänger-Perspektive gestellt, viele der Antworten dürften jedoch auch interessante Infos für Fortgeschrittene und erfahrenere DJs beinhalten.
TONSPION: Sind die Berliner Clubs ein besonders hartes Pflaster für DJ-Neulinge?
Jan-Michael Kühn: Ja, es ist nicht einfach (auch als gestandener) DJ an Gigs zu kommen und regelmäßig zu spielen. DJ sein ist sehr beliebt geworden, entsprechend gibt es viel Konkurrenz. Außerdem werden die Line-Ups nicht ausschließlich nach Qualität, sondern oftmals vor allem nach Popularität zusammengestellt. DJs sind ein wichtiges Marketing-Tool für Veranstalter, um „die Hütte vollzubekommen“.
ACT DES MONATS
Eine zentrale Rolle um diese Barrieren zu überwinden, spielen Szenenetzwerke – insbesondere hier setzt auch das DJ Coaching an. Viele DJs wissen nicht, wie sie da reinkommen, um sich zu etablieren und regelmäßig spielen zu können.
Viele können gut auflegen und tolle Musik produzieren, sind damit aber „nur“ Technik-Nerds. Ihnen fehlt das Wissen wie man an der Szene teilnimmt und somit nachhaltig seine DJ-Karriere startet. Emails an Clubs und Veranstalter zu schreiben, funktioniert nur in den seltensten Fällen – weil Clubs so nicht funktionieren.
Sollte ich jede Möglichkeit annehmen, um mir einen Namen zu machen, oder mich von Anfang an nur auf Gigs konzentrieren, die mich genau in meine gewünschte Richtung bzw. Geld bringen?
Es ist in der Regel nicht sinnvoll, jeden Gig zu spielen. Man sollte nur jene spielen, wo man weiß da passt es musikalisch und menschlich. Andere Clubs und Veranstalter schauen genau wo welcher DJ aktiv ist und entscheiden oftmals in Bruchteilen von Sekunden, ob jemand passt oder nicht.
Ein Gig hier und einer dort alle paar Monate bringt auch oftmals nicht die erhoffte DJ-Karriere. Das geht besser mit einer Homebase, einer Crew aus Freunden, wo man sich heimisch fühlt, was gemeinsames ansteuert (z.B. Partys) und sich somit gegenseitig Möglichkeiten verschafft.
Gibt es deiner Meinung nach einen bestimmten „Punkt“ in der Karriere eines DJs, an dem man den Schritt wagen sollte, das Hobby zum Beruf zu machen?
Es ist eigentlich immer sinnvoll, noch was anderes zu können und das zu pflegen. Künstlerische Märkte sind nur schwer berechenbar, man kann auch schnell wieder „out“ sein, das Interesse an seiner Musik verlieren, oder mit den Veränderungen der Musiklandschaft unzufrieden sein. Und danach steht man dann mit quasi „nichts“ da.
Klar, wer plötzlich 8 Gigs im Monat hat und pro Gig 1000 Euro verdient, der ist da erst mal deutlich abgesicherter und hat Polster, aber ein Plan B macht immer Sinn. Sich 7 Tage die Woche nur mit Musik zu beschäftigen, kann auf die Dauer auch langweilig und unerfüllend werden.
Gibt es so etwas wie einen „Festbetrag“, den ich auch als Anfänger auf jeden Fall fordern sollte? Oder womöglich sogar umsonst spielen, um mir einen Namen zu machen?
Umsonst spielen, um dir einen Namen zu machen funktioniert nicht und ist in Szenen auch verpönt. Es gibt da einige Grundregeln: Auf kommerziellen Events, z.B. wo Eintritt genommen oder an der Bar mit Getränken Geld verdient wird, ist es in der Regel problemlos möglich einem DJ mindestens 100 bis 150 Euro zu bezahlen.
Veranstalter die das nicht bezahlen möchten, ist die Musik, Stimmung und Publikum auf der Veranstaltung oftmals nichts wert. Da will man nicht spielen, das bringt einem wenig bis nichts.
Und dann gibt es z.B. noch Soli-Partys oder „Umsonst & Draußen Airs“ – da ist es völlig okay nichts zu nehmen, weil man seine Leistung quasi einem höheren Zweck zur Verfügung stellt und gleichzeitig seine Etablierung und Netzwerke vorantreibt.
Brauche ich einen Booker oder kostet er nur unnötig Geld? Wie finde ich als Einsteiger einen guten?
Booker machen für EinsteigerInnen und in lokalen Kontexten keinen Sinn – sie blockieren eher die lokale Etablierung. Booker und Booking-Agenturen sind bei lokalen Veranstaltern nicht beliebt, da sie als Preistreiber gelten. Veranstalter arbeiten aber trotzdem mit ihnen zusammen, da sie in ihren Headliner-Bookings von Agenturen und Publikum abhängig sind.
Booker machen erst dann Sinn, wenn man in der lokalen Szene etabliert ist, andere Menschen Potential zur Weiterentwicklung sehen, man bereits zahlreiche überregionale Anfragen bekommt – da also ein gewisses größeres Interesse besteht. Dann macht eine Agentur Sinn, da sie dich national und international enorm pushen kann.
Ich habe schon von einigen DJs gehört, deren DJ-Karriere quasi mit exklusivem Eintritt (den die meisten Agenturen fordern) zu Ende war bzw. schwer gelitten hat.
Momentan gehen DJing und Produzieren ja oftmals miteinander einher. Denkst du, man kann heute überhaupt noch erfolgreich werden, wenn man ganz klassisch „nur“ auflegen möchte?
Nur mit auflegen ist kaum eine DJ-Karriere mehr möglich. Technisch Auflegen kann heutzutage fast jeder, und spätestens nach 1 bis 2 Jahren hat man auch ein gutes Gespür für Setaufbau, Atmosphäre und Publikum. Heutzutage gehört Produzieren schlichtweg dazu.
Es ist aber ein Fehler zu denken, dass durch Releases die Gigs reinkommen. Das Internet und Beatport ist voll mit Musik, die nur wenig Plays und Verkäufe hat. Wir sind umgeben von einem gigantischen digitalen Musikfriedhof. Gute Musik gibt es heutzutage im Überfluss.
DJ-Karrieren starten auch heute noch mit der Etablierung in lokalen Szenen und Releases sind nur ein Pfeiler, die das ganze wahrscheinlicher und nachhaltiger machen. Das liegt vor allem daran, dass sich im Produzieren der eigenen Musik die Kunsthaftigkeit des DJ deutlicher und fassbarer zeigt, als in DJ-Sets.
Du sprichst bei deinem Coaching von „Regeln des Erfolgs“. Hast du einen goldenen Tipp, den du jedem DJ, egal ob Anfänger, Fortgeschritten oder Profi, mit auf den Weg geben kannst?
Mach die Musik, die dir persönlich besonders gefällt. Suche dir dazu die passenden Leute, mit denen du das realisieren kannst, was du gerne möchtest. Strebe keine Karriere an, sondern lasse sie geschehen. Wenn sie geschieht, freu dich! Wenn nicht, ist es auch egal.
Denn in der Musikszene ist der Weg das Ziel, nicht die Karriere. Die größte Belohnung für alle ist die erfolgreiche Teilnahme und die Anerkennung durch andere.
Zum Workshop:
▶ DJ Coaching Berlin: So kommst du an Bookings und Gigs in Clubs
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