Tocotronic, die deutsche Indierockinstitution aus Hamburg und die Mitte der 90er stilprägend für die so genannte Hamburger Schule wurde, ist mittlerweile 30 Jahre aktiv. Hier kommen ihre besten Alben der gesamten Diskografie im Ranking.
12. Nach der verlorenen Zeit (1995)
Nur vier Monate nach dem Erstling eschien dieses Album, dessen Titel auf den Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Marcel Proust anspielt: Und überhaupt sind die Songs voller Anspielungen, auch auf die Reaktionen zum Debüt „Digital ist besser“ und zur „Lage der Nation“…
11. Es ist egal, aber (1997)
Der rohe Sound der Anfangsjahre verschwindet langsam auf dem vierten Album, textlich markiert es den Anfang zum Erwachsenwerden und musikalisch sind erste Brüche mit Synthies und Streichern zu hören, für die der österreichische Produzent und Musiker Hans Platzgumer verantwortlich zeichnet.
10. Wie wir leben wollen (2013)
20 Jahre Tocotronic, Studioalbum Nummer zehn – Der rechte Zeitpunkt für die Band musikalisch in ein neues Zeitalter zu treten? Vorbei die Tage, als Arne Zank keinen Takt halten konnte und von Lowtzow die Slogans für eine Generation zwischen Grunge und Rezession formulierte. Auf allen Ebenen so elaboriert wie noch nie, macht es einem „Wie wir leben wollen“ nicht gerade leicht.
9. Schall & Wahn (2010)
„Aber hören? Nein, Danke!“ Nicht jeder umarmt ein neues Tocotronic-Album so bedingungslos wie große Teile des Feuilletons und der Pop-Presse. In der Tat war die erste Single aus „Schall & Wahn“ eine zu kalkulierte Fortsetzung der „Kapitulation“, so dass Skepsis gegenüber dem neuen Album durchaus angebracht scheint. Dabei machen Tocotronic mit ihrem neuen Album da weiter, wo sie immer angeknüpft haben, wenn sie sich zu sehr vereinnahmt fühlten: sie verweigern sich. „Eure Liebe tötet mich“, deutlicher könnte eine Absage an den Jubel, der Tocotronic seit „Kapitulation“ (wieder) zuteil wird, nicht sein. Und schon ist man mittendrin.
ACT DES MONATS
8. Wir kommen um uns zu beschweren (1996)
Und wieder ein Album voller sloganfähiger Titel: Ich habe geträumt, ich wäre Pizza essen mit Mark E. Smith“, „Ich verabscheue euch wegen eurer Kleinkunst zutiefst“ und „Die Welt kann mich nicht mehr verstehen“, das mindestens zweimal im Jahr wieder in den Sozialen Netzwerken gepostet wird…
7. K.O.O.K. (1999)
Mit AC/DC-Anspielung und Fanfaren aus Europes „The Final Countdown“ überraschen Tocototronic auf ihrem fünften Album: Die Lyrics werden abstrakter, der Gesang entspannter und erstmals gibt es zu den Songs auch ein Doppel-Remixalbum namens „K.O.O.K.variationen“ https://tocotronic.bandcamp.com/album/k-o-o-k-variationen, auf dem unterschiedliche Electrokünstler wie Erobique oder legendär Tocotronic vs. Console in „Freiburg V3.0“ die Songs von K.O.O.K. covern.
7. Nie wieder Krieg (2022)
Pop, Parolen und Pandemie: Tocotronic gelingt mit ihrem 13. Album ein schillernder slogangepackter Soundtrack zum Irrsinn unserer Zeit und zu unseren irrlichternden Ichs. Die Intensität der Songs sind vielleicht auch der langen Entstehungszeit geschuldet und dauerte zwei innerliche Jahre an, während die Welt sich draußen drehte und zu zerreißen drohte. Tocotronic kleben auf jede einzelne Wunde ein Pflaster aus Pop-Parolen.
6. Die Unendlichkeit (2018)
Wie man auf dem mittlerweile zwölften Album und mit über 40 Jahren noch drängend und direkt klingen kann, zeigen Tocotronic auf “Die Unendlichkeit” auf beeindruckende Weise: Ungewohnt autobiografisch birgt das Konzeptalbum auch Risiken der Peinlichkeit, doch diese umschiffen die Hamburger lässig.
5. Tocotronic (2015)
Der Hamburger Schule längst entwachsen präsentieren Tocotronic auf ihrem „roten Album“ Lieder über die Liebe. Musikalisch haben es sich Tocotronic diesmal in den frühern 80ern gemütlich gemacht und zitieren alte Lieblingsbands wie The Smiths, The Fall oder Joy Division.
4. Kapitulation (2007)
Vom gleichnamigen Album aus dem Jahr 2007 stammt dieser Appell der ersten Single: In Würde scheitern, dann vielleicht neu beginnen. Tocotronic wechselten mit diesem Werk zu Universal, die Geschichte ihrer Kapitulation katapultierte sie zu noch größerem Erfolg. Für von Lowtzow hat das Lied darum auch etwas „“Euphorisches“ und „Gospelhaftes“.
3. Digital ist besser (1995)
Aus dem Debüt-Album „Digital ist besser“ aus dem Jahr 1995 und definitiv eine der wichtigsten Live-Hymnen aus dem Repertoire Tocotronics stammt das legendäre „Drüben auf dem Hügel“: Ein Song, der wie kaum ein anderer die Jugend zurückbringen vermag – „Ich warte dort auf Dich weil ich Dich mag / An unserem letzten Sommerferientag / Bis wir zusammen sind – bis wir / Bis wir zusammen sind – bis wir / Bis wir zusammen sind – bis wir“.
2. Tocotronic (2002)
2002 erscheint dieses selbstbenannte oder das „weiße“ Album mit der distinktiven Zeile „Eins zu Eins ist jetzt vorbei“ – Die Parolen weichen lyrischeren Texten und in dem Song „Hi Freaks“, der sich unweigerlich in Herz und Hirn schraubt mit Worten wie „Was wir sehen bedeutet nichts / Der sogenannte Realismus / Fällt nicht weiter ins Gewicht“.
1. Pure Vernunft darf niemals siegen (2005)
Die dreizehn Stücke klingen insgesamt sehr viel melodiöser und ausgewogener als vorherige Werke. Grund dürfte der langjährige Tour-Keyboarder Rick Mc Phail sein, der als mittlerweile vollwertiges Bandmitglied eine zweite Gitarre in das Geschehen bringt. In nur neun Tagen wurde dieses Album als Liveband eingespielt. Keine langwierige, verkopfte Studioarbeit also. Dafür eine enorme Bewegung in die Tiefe, hin zum gekonnten Popsong, der lieb gewonnene Konventionen genauso achtet wie auch umgeht. Der Titelsong klingt wie eine Antwort auf Kant und die Kälte des Kapitalismus: Ein nonchalantes „Lallalalalala“ umrahmt die pointierten Zeilen des Songs, die in einem Versprechen enden, das da lautet: „Wir sind so leicht, dass wir fliegen“. Eine Hymne gegen den Optimierungszwang und für den Optimismus des leichten Seins.