Dass Kanye West in psychiatrische Behandlung gehört, ist kein Geheimnis für alle, die seine Karriere in den letzten Jahren verfolgt haben. Doch jetzt hat er eine Grenze überschritten, die nicht mehr als lustig und unterhaltsam abgetan werden kann.
Kanye West hat merkwürdige politische Ansichten, das ist lange bekannt. Er wollte selbst Präsident werden, biederte sich dann beim neugewählten Donald Trump an und bedruckte T-Shirts mit dem Slogan „White Lives Matter“, der vor allem von rechtsextremen Rassisten in den USA verbreitet wird als Reaktion auf die „Black Lives Matter“-Proteste. Mehr als ein müdes Lächeln verursachte der Quartalsirre West damit schon länger nicht mehr. Manche Fans sahen gerade in diesen besonders fragwürdigen Aktionen sein Genie.
Doch seine jüngsten Aussagen sind alles andere als harmlos in einem Amerika, dessen Demokratie politisch auf der Kippe steht.
Nach mehreren antisemitischen Aussagen lud das Holocaust Museum in Los Angeles West zu einer privaten Tour ein. Der schlug die Einladung aus mit der Aussage, dass „Planned Parenthood“ (also: das Recht auf Abtreibung) sein Holocaust Museum sei.
In Deutschland wäre so ein Holocaust-Vergleich vermutlich strafbar, aber in den USA könnte es West seine Karriere kosten. Nach Balenciaga, Gap und Adidas hat auch sein Management die Zusammenarbeit mit dem Star-Rapper mit sofortiger Wirkung beendet. Auch gesponserte Sportler seiner Marke Donda Sports kündigten ihre Verträge.
„Adidas duldet keinen Antisemitismus und keine andere Art von Hassrede. Die jüngsten Äußerungen und Handlungen von Ye sind inakzeptabel, hasserfüllt und gefährlich und verstoßen gegen die Werte des Unternehmens wie Vielfalt und Inklusion, gegenseitigen Respekt und Fairness.“
Adidas
Durch die geplatzten Deals verliert West nach ersten Schätzungen von Forbes rund 6 Milliarden Dollar. Seine Karriere liegt auf dem Boden, es wird nicht mehr viele seriöse Unternehmen geben, die mit dem Antisemiten in Verbindung gebracht werden wollen. Bleiben noch die unseriösen. Oder Trump. Der scheut zwar sonst keine Extreme, hat allerdings immerhin selbst jüdische Kinder und Enkel.
ACT DES MONATS
Wests Ex-Frau Kim Kardashian sah sich kürzlich sogar genötigt, ein klares Statement zu posten, das viel über die politische Gesinnung und die Uneinsichtigkeit des Rappers aussagt:
„Hassreden sind niemals in Ordnung oder entschuldbar. Ich stehe an der Seite der jüdischen Gemeinschaft und fordere, dass die schreckliche Gewalt und die hasserfüllte Rhetorik gegen sie sofort aufhört“.
Kim Kardashian / Twitter
In der Folge der Aussagen von Kanye West wurde das Holocaust Museum mit antisemitischen Botschaften seiner Fans überflutet. Auch Nazis nutzten die Aussagen, um öffentlich gegen Juden zu hetzen. In einigen jüdischen Nachbarschaften musste die Security verstärkt werden, um antisemitische Übergriffe zu verhindern.
„Ich glaube, Kanye hat mehr als doppelt so viele Twitter-Follower, wie Juden auf dieser Welt leben. Menschen wie Kanye haben eine riesige Plattform, er hat über 30 Millionen Twitter-Follower und er muss verstehen, dass er mit seinen Worten inspirieren und nicht aufstacheln und nicht Hass, Lügen und Antisemitismus verbreiten darf.“
Beth Kean (CEO Holocaust Museum Los Angeles)
Wir bei Tonspion sind für Meinungsfreiheit, auch die Meinungsfreiheit Andersdenkender. „Cancel Culture“ ersetzt unserer Meinung nach keinen Meinungsaustausch. Was wir nicht tolerieren sind Hass und Hetze gegen Minderheiten. Deshalb werden wir über die Musik von Kanye West künftig nicht mehr berichten, bis er sich klar von seinen Aussagen distanziert und öffentlich entschuldigt.