Das dritte Album des dänischen Sängers ist eine Sammlung eindrucksvoller und mitreißender Popsongs, versehen mit einer Prise Gesellschaftskritik und Geschlechterpolitik.
Mit einem T-Shirt als Perücke und den Spice Girls aus den Lautsprechern betrat Asbjørn, 9 Jahre alt, den Sommertanz seiner Schule. „Ich wollte diesen Idioten zeigen, dass ich nicht aufgeben werde“, sagt er. Fast 20 Jahre später hat der dänische Sänger die Schläge in der Mittagspause gegen Umarmungen seiner treuen Fans getauscht. Mit „Boyology“ veröffentlicht der Popsänger nun sein insgesamt drittes Album.
„Ich habe eine Karriere daraus gemacht, Normen zu brechen“, lacht Asbjørn. „Der Mainstream denkt ich sei Underground und der Underground denktich sei Mainstream. Das gefällt mir sehr – die Freiheit, nicht dazuzugehören.“ Seit seinem 2012 erschienenen Debütalbum „Sunken Ships“ geht der dänische Singer/Songwriter und Produzent seinen eigenen Weg. Das 2015 erschienene Album „Pseudo Visions“ und seine neun miteinander verbundenen Musikvideos erregten die Aufmerksamkeit seiner skandinavischen Kollegin Lykke Li, während Soundvenue in einer 5-Sterne-Rezension Asbjørn dafür lobte, dass er: „Einem Genre, das Gefahr läuft seine Schärfe zu verlieren die dringend benötigte Wiederbelebung gibt“.
Asbjørn ist längst kein kleiner Junge mehr, dennoch auch kein ganzer Mann. Und der will er auch gar nicht sein. Seine Musik ist ehrliche Popmusik, trotzdem zählt er zu den Außenseitern im Mainstream. Asbjørn ist ein Aushängeschild des Unkonventionellen. Seine offenen Texte bieten Aufklärungsunterricht in Radiolänge, verpackt in experimentelle, aber hochgradig ansteckende Pop-Produktionen. Diese bescherten ihm bereits sowohl Lob von seinen skandinavischen Musik-Kolleg*innen als auch Bekanntheit über die Grenzen seines Heimatlandes Dänemark hinaus. „Ich erinnere mich, wie ich dieses wunderbare Publikum in Berlin, die Vielfalt und die selbstbestimmte Individualität meiner Fans sah und dachte: Das fühlt sich an wie ein Zuhause. Dies ist ein Ort, an dem ich nicht um das Recht kämpfen muss, ich selbst zu sein“. Ein paar Monate später zog er nach Berlin und verbrachte die folgenden vier Jahre mit dem Schreiben und Produzieren von „Boyology“.
„Dieses Album ist meine Emanzipation vom traditionellen männlichen Ideal und den unsichtbaren Erwartungen in der Gesellschaft und an uns selbst, wie ein Mann sein oder nicht sein sollte“, sagt Asbjørn. Und diese Entschlossenheit ist kaum zu übersehen. Wenn man seine intimen Erkundungen von Sexualität und Verletzlichkeit in der begleitenden Videotrilogie des Albums sieht. Wenn er durch High Schools tourt und mit Schülern über Identität und Popkultur spricht. Oder, vielleicht am meisten, im Album-Highlight „Be Human“, wo er Geschlechterpolitik auf einen 4-To-The-Floor Beat packt und mit seinem melancholischen Falsett sagt: „I don’t wanna be a man if man means power, to not empower others!“
Asbjørn wehrt sich gegen Konventionen und Stereotype, er macht das vermeintlich Unvereinbare vereinbar und hat so sein ganz eigenes Alleinstellungsmerkmal gefunden: Ein moderner Popstar, der die Welt verändern will – während er tanzt.