Pünktlich zur Brexit-Zementierung erscheint „Heavy Is The Head“ von Stormzy. Damit liefert der britische Rapper den finsteren Soundtrack für eine verzweifelte Generation.
„Fuck the government, fuck Boris„, presst Stormzy seine Wut auf „Vossi Bop“ heraus. Zwar sprach sich der 26-Jährige schon davor für die Labour-Partei aus, doch „Heavy Is The Head“ kommt zu spät. Ein Tag nach den britischen Unterhauswahlen erscheint Stormzys zweites Album, das als düsterer Kommentar auf den besiegelten Brexit verstanden werden kann.
Mit Fanfaren zieht Stormzy auf dem Opener „Big Michael“ in den Kampf: „I made juice, life gave me lemons / You little fuckboys do my head in / Henry VIII, behead ‚em, ‚head ‚em, ‚head ‚em / Can’t tell where I’m headin‘„. Mit britischem Akzent und einem Bewusstsein für die eigene Geschichte bildet Stormzy ein erfrischendes Gegengewicht zum amerikanisierten Mainstream.
Sozialkritik serviert der Engländer nicht auf dem Silbertablett. Abgesehen von einzelnen Zeilen ergibt sich aus dem Gesamtbild ein eindrucksvoller Blick auf Großbritanniens verlorene Generation. Stormzy rappt über seine mentale Gesundheit, seinen Status als Platinrapper und die Menschen, die ihn sowohl positiv als auch negativ beeinflussen.
Video: Stormzy feat. Headie One – Audacity
ACT DES MONATS
Der Londoner trägt eine schwere Krone. „Heavy Is The Head“ vergisst in keiner Sekunde, dass es ein Hip-Hop-Album ist. Entsprechend selbstbewusst tritt Stormzy auf: „I’m my country’s greatest poet„. Musikalisch verlässt sich der Brite auf ein breitgefächertes Klangbild. Trotz der Vielfalt wirkt die Platte zusammenhängend.
„Rainfall“ bedient sich an R’n’B-Elementen aus den Neunzigerjahren, „Rachael’s Little Brother“ nutzt gepitchte Vocal-Samples, „Handsome“ ist moderner Trap und „Superheroes“ verzichtet zwar auf Autotune, aber nicht auf das heutzutage obligatorische Glockenspiel. „Heavy Is The Head“ klingt zugänglich, biedert sich trotzdem nicht am Pop-Mainstream an. Selbst das Feature von Ed Sheeran wirkt auf dieser Platte stimmig.
Schon auf dem Vorgänger „Gang Signs & Prayer“ verband der Rapper Straßenkante mit Intellekt. Dadurch entwickelte sich Stormzy zum Sprachrohr einer Menschengruppe, die im biederen Großbritannien kein Gehör findet. Der von Queen und Teatime geprägte Schein trügt. Die Insel brennt und „Heavy Is The Head“ zeigt, wie sich die Betroffenen damit fühlen.
Video: Stormzy – Vossi Bop