Das achte Album von Coldplay ist ein 16 Songs umfassendes Konzeptalbum in zwei Teilen: Experimentell versus poppig lautete die Vorabdevise, die Realität klingt dann doch eher meistens nach rührseliger Kirchentagsmusik mit „crazy“ Ideen wie Gospel-Chören.
Es beginnt mit Streichern, der Titel des Openers kündigt pathetisch den Sonnenaufgang an und „Sunrise“ schwebt in instrumentaler, durchaus leicht kitschiger Weise vor sich hin, bis in Track Nr. 2 dann Chris Martin in wohlbekannter Weise seinen leicht klagend-melancholischen Gesang ertönen lässt und dieser Song heißt dann ernsthaft auch noch „Church“. Das Experimentelle darin: Ein merkwürdig choral-angehauchter weiblicher Gesangpart zwischen Enya und Ofra Haza.
Video: Coldplay – Daddy
Auf den synthiegeschwängerten Bombast wird erst mit „Trouble In Town“ verzichtet: Ein zarter zurückgenommener Song zwischen U2 und R.E.M., der sich gegen Ende hin zu einem lärmenden Aufbau entscheidet, um mit Kindergesang und einem Herzschlag-Beat zu enden.
Es folgen in den weiteren „experimentellen“ Songs Gospel-Chöre, Blues-Rock, Vogelgezwitscher, Akustik-Genuschel und Bläsern in dem tatsächlich ungewöhnlichen Coldplay-Song und gleichzeitig stärksten Track des Albums – „Arabesque“ – bei dem der nigerianische Musiker Femi Kuti ein schräges Saxofonsolo beisteuert. Damit genug mit dem „crazy“ Teil, nun soll es ja ab dem Song „Guns“ poppig colplayesk zugehen.
ACT DES MONATS
Video: Coldplay – Orphans
Die Waffenkritik im countrylastigen Song wird von einigen (huch!) „fucking“-Lyrics angefeuert, um dann mit „Orphans“ einen typischen Stadionsong zu liefern, der sich dann doch ziemlich ungeniert an dem „Wooh Wooh“-Refrain von „Sympathy For Devil“ der Rolling Stones zu bedienen. An anderer Stelle wird „Everybody Hurts“ der bereits erwähnten R.E.M. in Zeilen wie „’Cause everynoe hurts, everyone cries“ zitiert und so klingen die Songs auf vertraute Art bereits wie Klassiker mit dem Trick für Coldplay-Verhältnisse durchaus mutig zu erscheinen.
Coldplay inszenieren auf „Everyday Life“ einen professionell-pathetischen Gottesdienst, der die Katholische wie Evangelische Kirche neidisch machen dürfte: Es werden Massen hinpilgern, es werden große Emotionen geweckt, die Kritiker mit Neuem überrascht, die Gläubigen mit Gewohntem versöhnt und die Weihnachtsbotschaft verkündet: Friede auf Erden aller Menschen. Und so endet das Album mit der Verkündigung Martins in den Zeilen:
„At first light, throw my arms out, open wide
Hallelujah, hallelujah
Hallelu-halle-hallelujah
Hallelujah, hallelujah
Hallelu-halle-hallelujah
Yes“
Video: Coldplay – Arabesque